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Phänotypen des Prädiabetes und des Typ-2-Diabetes Phenotypes of prediabetes and type 2 diabetes

Autoren

R. Wagner1 H.-U. Häring1,2 A. Fritsche1,2

Institut

1 Innere Medizin IV, Abteilung für Endokrinologie, Diabetologie, Vaskuläre Medizin, Nephrologie und

Klinische Chemie, Universitätsklinikum Tübingen

2 Institut für Diabetesforschung und metabolische Erkrankungen des HelmholtzZentrums München

an der Universität Tübingen, Mitglied des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) e.V.

Prädiabetes ist ein Hochrisikozustand für Diabetes, der Schätzungen zufolge im Jahr 2030 rund 500 Millionen Menschen weltweit betreffen wird [40]. Prädiabetes ist bereits mit einem erhöhten Risiko für alle diabetischen Komplikationen, einschließlich makrovaskulären Ereignissen, vergesellschaftet [5, 15, 33]. Dass hier die Blutzuckererhöhung auch Ursache für die erhöhte Komplikationsrate ist, wurde mittels der sogenannten „Mendelschen Randomisierung“ gezeigt [3, 27]. Es ist allerdings nicht vollständig geklärt, ob die Pathophysiologie des Prädiabetes und des Diabetes identisch sind. Langzeitbeobachtungsstudien zeigen nämlich, dass der Übergang von der normalen Glukosetoleranz in den Prädiabetes hauptsächlich durch eine zunehmende Insulinresistenz bedingt ist, während beim Übergang vom Prädiabetes in den Diabetes die Rolle der Betazelldysfunktion bestimmend ist [35, 39]. Dementsprechend beeinflussen verschiedene Gene den Übergang von normaler Glukosetoleranz in Prädiabetes und von Prädiabetes in manifesten Diabetes unterschiedlich [48]. Auch solche Genvarianten sind bekannt, die zwar mit erhöhter Nüchtern- oder Post-OGTT-Glukose, nicht aber mit Diabetes zusammenhängen [4]. Prädiabetes lässt sich aufgrund seiner Definition in folgende Untergruppen unterteilen 3 erhöhte Nüchternglukose (isolated impaired fasting glucose, iIFG), 3 eingeschränkte Glukosetoleranz (isolated impaired glucose tolerance, iIGT) oder 3 deren Kombination (IFG + IGT) (q Abb. 1, Tab. 1). Bei der Entstehung dieser Prädiabetesformen kommen auch unterschiedliche Pathomechanismen zur Geltung. Die Inzidenz für eine Progression in den Diabetes liegt für IFG bei ca. 5 % jährlich n

und für IGT bei bis zu 10 % jährlich [10]. Die Kombination von IFG und IGT weist die höchste jährliche Progressionsrate von bis zu 20 % auf (q Abb. 1). Es wird generell anerkannt, dass Menschen mit Prädiabetes effektive Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der Diabetesprogression bekommen sollen (q Abb. 1) [12]. Eine Bedingung hierzu ist, diesen Zustand rechtzeitig zu erkennen [25, 32]. Dabei spielen Fragebögen zur Identifikation von Risikofaktoren wie Adipositas, geringe körperliche Aktivität, ungesunde Ernährung, Hypertonie, Lipidstoffwechselstörungen oder Depression eine Rolle [25, 31]. Die Familienanamnese ist ein wesentlicher nicht-modifizierbarer Risikofaktor, der bereits für die Erkennung des Prädiabetes gilt [47]. Der Beginn der Präventionsmaßnahmen spätestens bei Prädiabetes ist auch deswegen wichtig, weil bei manifestem Typ-2-Diabetes eine Rückführung in die normale Glukosetoleranz meist deutlich schwieriger ist. Hier setzen Studien wie die deutsche Prädiabetes Lebensstil Interventionsstudie an (PLIS) (www.dzd-ev.de/forschung/klinische-studien/plis/index.html). Maßnahmen zur Prävention sowie Elemente einer erfolgreichen Lebensstilintervention bei Hochrisikoindividuen sind in den Europäischen IMAGE Toolkit Leitlinien zusammengefasst worden [20].

kurzgefasst Prädiabetes ist ein Zustand mit hohem Risiko für Typ-2-Diabetes, und wird in erhöhte Nüchternglukose (IFG) und eingeschränkte Glukosetoleranz (IGT) klassifiziert. Die zugehörigen pathophysiologischen Hintergründe sind unterschiedlich.

Diabetologie Übersicht | Review article

Schlüsselwörter Prädiabetes Typ-2-Diabetes Insulinresistenz Insulinsekretion Diabetes-Phänotypen TCF7L2

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Keywords prediabetes type 2 diabetes insulin resistance insulin secretion diabetes phenotypes TCF7L2

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eingereicht 14.02.2014 akzeptiert 05.05.2014 Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1370076 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 0:1109–1113 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. med. Andreas Fritsche Abteilung Prävention und Therapie des Diabetes mellitus, Innere Medizin IV, Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des HelmholtzZentrums München an der Universität Tübingen Otfried Müller Straße 10 72076 Tübingen Tel. 07071/29 -85669 / -80590 Fax 07071-295974 eMail andreas.fritsche@ med.uni-tuebingen.de

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Prädiabetesformen ▼

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Tab. 1

Glykämische Schwellenwerte bei der Definition von Normoglykämie, Prädiabetes und Diabetes [1, 9]. Nüchtern-Blutzucker

Blutzucker 120 Minuten nach 75 g oraler Glukosebelastung

Normale Glukosetoleranz (NGT)

[Phenotypes of prediabetes and type 2 diabetes].

Type 2 Diabetes is a heterogeneous disease which harbors several different pathomechanistic entities. For a successful prevention, it is important to ...
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