Anat. Histol. Embryol. 21, 324-347 (1992) Q 1992 Paul Parey Scientific Publishers, Berlin and Hamburg ISSN 0340-2096

Aus dem Institut fur Tieranatomie II der Ludwig-Maximilians-UniversitatMiinchen, Veterinarstr. 13, 0-8000Munchen 22

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer (Schaf und Rind) IMOGENRUSSE,FREDSINOWATZ, LASZLORICHTER, MARGOTLEHMANNund EDGARSCHALLENBERGER Adresse der Autoren: Institut fur Tieranatomie der Universitat Miinchen und “Lehrstuhl fur Physiologie der Fortpflanzung und Laktation, Technische Universitat Munchen

Mit 24 Abbildungen (Eingegangen im Marz 1992)

Summary Development of the yolk sac in ruminants (sheep and cattle) Yolk sac development was investigated in 69 ovine and 10 bovine embryos from the blastocyst stage to the 7th week of gestation. Light and electron microscopical findings are reported. The yolk sac in sheep and cattle is composed of an enlarged sac-like portion lying below the embryo and two ends which follow the elongated course of the trophoblast. In sheep, an open connection exists between the intestines and the yolk sac up to a crown-rump length (CRL) of 9 m m . It is closed by 12 mrn CRL. The wall of the yolk sac is especially well vascularized in the enlarged, saclike portion. Primary erythropoiesis occurs within the blood capillaries. In the blastocyst, the yolk sac entoderm is made up of elongated, flat cells. It becomes cuboidal in the 3 mm embryo (ovine) and later columnar. The up to 20 pm tall cells stain darkly and contain numerous light-colored vesicles. At 4.5mm CRL light cells appear between the dark ones. Both cells are rich in rough endoplasmic reticulum (rER). The increased staining of the darker cells is due to an osmophilic cytoplasm and numerous, often parallel lamella of rER. The rER of the light cells is enlarged to irregularly-shaped cisternae, which nearly fill the entire cytoplasm and give them a rounded appearance. The dark cells contain polygonal nuclei, whereas those in the light cells are round with one or two nucleoli. The oval mitochondria have only a few peripheral cristae. Golgi fields are not very common. Cells of the entoderm are connected to one another over zonulue occludenter. They possess microvilli on the luminal surface and are supported by a basement membrane. From 5mm CRL onwards (ovine), the yolk sac entoderm folds itself between the capillaries, thereby becoming stratified. The intercellular space between the cells expands as projections between neighboring cells interlock. Canaliculi arise between adjacent epithelia. The wall of the yolk sac thickens as a result of this infolding and the densely packed capillaries. Infoldings are especially predominant in the sac-like portion of the yolk sac, and only suggested in the ends. Involution of the yolk sac begins in the peripheral end segments and proceeds centripetally. Numerous glycogen particles appear in the yolk sac entoderm cells of the ovine fetus at a CRL of 36rnm, and by a CRL of 42 mm, the sac-like portion has also begun to show signs of degeneration. Mesenchyme is very sparse within the wall of the yolk sac throughout the entire period of development. There are practically no changes to be observed in the mesothelial cells.

z.

Prof. Dr. B. VOLLMERHAUS zum 65.Geburtstag gewidmet.

US.Copyright Clearance Center Code Statement: 0340-2096/92/2104-0324$02.50/0

Die Entwickiung des Dotrersackes beirn Wiederkauer

325

Einleitung Wahrend bei den Nagetieren die Bedeutung des Dottersackes a l s hamopoetisches und plazentares Organ wohl bekannt ist, liegen fur die Haussaugetiere nur wenige Angaben vor. lnfolge der unterschiedlichen Plazentationsformen der Sauger kommt es entsprechend zu verschiedenartiger Ausbildung des Dottersackes. Bei Maus, Ratte, Meerschweinchen und Kaninchen bilden sich der periphere Trophoblast und das darunter liegende parietale Dottersackentoderm bis auf einen Meinen, in der unmittelbaren Umgebung des Embryos liegenden Teil zuriick. Dadurch wird der Konzeptus nun auden vom Dottersack umgeben, dessen Wand aus dem hochprismatischen Entoderm, einer dunnen Mesodermschicht, in der die Blutinseln und ersten Gefade entstehen, und dem einschichtigen Mesothel besteht. Man bezeichnet diesen Vorgang auch als Keimblattumkehr. Bei der Ratte stellt die Dottersackplazenta bis zum 11. Graviditatstag die einzige Transportroute vom Muttertier zum Embryo dar. Das viszerale Dottersackentoderm funktioniert von der Zeit der Implantation an (Maus 7. -8. Tag) als Dottersackplazenta. Dieses enthalt zahlreiche Stapel rauhes endoplasmatisches Retikulum, das spater durch glattes ersetzt wird. Bei Maus (HAARund ACKERMANN, 1971), Ratte (KUGLER,1986), Meerschweinchen (KING und et al., 1966; SLADE,1970) wurde im viszeralen ENDERS,1970) und Kaninchen (DEREN Entoderm ein aktiver Proteintransport nachgewiesen. Die Zellen sind uber Zonulae occludentes miteinander verbunden. Sie tragen auf der lumenseitigen Oberflache Mikrovilli und besitzen ein intrazellulares, oberflachliches Tubulisystem, von dem Proteine aufgenommen und durch die Zelle transportiert werden. Die Eiweii3e werden lysosornal zu Peptiden oder Aminosauren abgebaut, in elektronendichten Granula gelagert und als Spaltprodukte an der unteren Zellmembran in die Kapillaren abgegeben. Auch die Ubertragung von Antikorpern vom Muttertier auf den Embryo geschieht uber die Dottersackplazenta. Bei den Fleiscbfressem vereint sich die Dottersackwand mit dem Trophoblasten in der friihen Graviditat, wobei zunachst eine Dottersackplazenta entsteht. Spater wird diese Verbindung durch das Einwachsen der Allantois zwischen die beiden Keimblatter gelost. Der Dottersack bleibt jedoch uber die gesamte Graviditat vaskularisiert und funktionstiichtig. Bei der Katze laufen zwischen dem 14. und 20. Graviditatstag die primitive und zwischen dem 17. und 45. Graviditatstag die definitive Erythropoese in der Dottersackwand ab (CANFIELD und JOHNSON, 1984). Zwischen dem 25. und 38.Tag zeigt das Entoderm seine hochste Aktivitat. In diesem Stadium hat das einschichtige Epithel eine Hohe von 26 pm und buchtet sich an manchen Stellen gegen das Mesenchym ein. Wie beim Nager enthalten die Zellen groi3e Stapel rauhes endoplasmatisches Retikulum, das auch die langlichen Mitochondrien vom Crista-Typ umgibt. Ebenso sind glattes endoplasmatisches Retikulum, GoIgi-Felder und spezielle Lysosomen vorhanden. Vom 19. Tag an treten Lipidtropfen auf. Die Oberflache tragt Mikrovilli. Die Zellen fuden auf einer Basalmembran (TIEDERMANN, 1976). Nach Beendigung der hamopoetischen Funktion ist der Dottersack bis zur Geburt weiterhin biosynthetisch tatig. Die Entodermzellen produzieren Serumalbumine und alpha-Fetoprotein, die in den Zysternen des endoplasmatischen Retikulum gespeichert werden (TIEDEMA"und MINUTH,1980 a). Auch beim Hund zeigt das Dottersackentoderm morphologische Anzeichen einer funktionellen Tatigkeit bis zur Geburt, obwohl Zysternen des endoplasmatischen Retikulum, freie Ribosomen und Mitochondrien am 60. Graviditatstag nicht mehr so haufig sind wie zwischen dem 40. und 50. Tag. Die Erythropoese ist am 40. und 50. Tag noch im Gange, am 60. Tag nicht mehr. Die Entodermzellen enthalten Golgifelder und Glykogen bis kurz vor der Geburt. Auffallend sind zahlreiche coated Vesikel an der basalen Membran der Entodermzellen in der spaten Graviditat. Mit steigendem Graviditatsalter nimmt die Zahl der Filamente zu, was als Alterungsprozed der Zellen gewertet wird (LEEet al., 1983). Intrazellulare Tubuli in den Entoderrnzellen scheinen beim Fleischfresser nicht vorhanden zu sein. Beim Menschen unterscheidet man einen primaren von einem sekundaren Dottersack. Die Evolutionsphase des primaren Dottersackes dauen bis etwa zum 18. Graviditatstag, seine Funktionsphase bis zum 45. Tag. Wghrend dieser Zeit bildet sich der sekundare

326

RUSE et al.

Dottersack aus und die Hamatopoese beginnt. Die Regressionsphase rnit der fortschreitenden Degeneration des Dottersackes dauert bis zur Geburt (BRANCA, 1912). Zwischen der 5. und 9. Graviditatswoche ist der Dottersack Hauptbildungsstatte der Blutzellen. Primitive Blutzellen werden bis zum Ende der 5. Graviditatswoche, bis 12 mm Scheitel-SteiB-Lange (SSL.), definitive danach gebildet (BLOOMund BARTELMEZ, 1940). In der 6.-7. Woche sind fast alle Blutzellen kernhaltig, in der 8.-9.Woche steigt die Zahl der kernlosen an, in der 10. Woche sind fast alle kernlos (THOMPSON, 1951). Das einschichtige Entoderm ist in der fxiihen Phase zunachst plattenformig und wird in der Funktionsphase hochprismatisch (20 pm). Wahrend der 4. -6. Graviditatswoche proliferiert das Entoderm und bildet gegen das Mesenchym Zellsaulen. Die Entodermzellen enthalten reichlich endoplasmatisches (1969) unterRetikulum, Glykogen und Eisen (HESSELDAHL und LARSEN,1969). HOYES scheidet 5 verschiedene Typen von Entodermzellen. Die meisten Zellen haben einen vesikularen Kern rnit Nukieolus. Sie enthalten Vakuolen, elektronendichte Granula und Lysosomen-ahnliche Gebilde bis zu 2 pm Durchmesser. An ihrer lumenseitigen Oberflache befinden sich viele Mikrovilli und pinozytotische Vesikel. Das Zytoplasma erscheint infolge von zahlreichen Glykogengranula dunkel. Freie Ribosomen und rauhes endoplasmatisches Retikulum fiillt die Zellen. Die langgestreckten Mitochondrien mit wenigen Cristae haben eine dichte Matrix. Unter dem Entoderm fehlt die Basalmembran (HESSELDAHL und LARSEN, 1969). Der Dottersack des Schweines ist bei 18mm SSL. 40mm lang und reichlich vaskularisiert. Bei 25 -50 mm SSL. stellt er ein gelbliches, ca. 10mm langes, 6 mm breites und 2 mm und MINUTH, tiefes Gebilde dar. Mit 70 mm SSL. ist er nicht mehr zu finden (TIEDEMANN 1980b). Seine hamatopoetische Phase findet in Embryonen von 5-15mm SSL. statt (JORDAN,1916; SORENSEN und HESSELDAHL, 1976). Bei lOmm SSL. werden Hamatoblasten gebildet, bei 12mm sind alle Stadien bis zu Erythrozyten, Blutplattchen, ein-, vielund polymorphkernige Riesenzellen vorhanden (KINGund ACKERLEY, 1985). Das Dottersackentoderm proliferiert bei 20 mm SSL. zum mehrstufigen Epithel, das hohe Zellsaulen bildet, die durch enge Kanalchen (Canaliculi) voneinander getrennt werden. Die Zellen am Lumen bleiben einschichtig hochprismatisch und tragen 0,8 pm lange Mikrovilli. Die Entodermzellen zeigen eine hohe Oxydoreduktase- und lysosomale Enzymaktivitat. Apikal treten wie bei Nagern Transporttubuli auf. Bei 18 mm SSL. werden bis zu 11 pm lange Riesenmitochondrien, z. T. mit kristalloiden Einschliissen beobachtet. Das rauhe endoplasmatische Retikulum bildet groBe Stapel, die bis zu 60 % des Zytoplasmas fiillen und die verstreuten Glykogenpartikel auf die Seite drangen konnen. Sie sind vermutlich die Produktionsstatte von Serumproteinen, die in die Kapillaren abgegeben werden. Basal sind 1,5 pm lange, zum Teil verzweigte Mikrovilli vorhanden, die die durchgehende Basalmembran durchbrechen konnen. Die Kapillaren sind gefenstert, aber von einer intakten Basalmembran unterlagert. Bei 42 mm SSL. sind N-Azetyl-Glukosamin-positive Granula in den Entodermzellen vorhanden (TIEDEMANN und MINUTH,1980 b). Das Pferd ist die einzige Haustierart, bei der eine iiber eine langere Zeit in Funktion bleibende Dottersackplazenta ausgebildet wird. Der Dottersack verwachst im sogenannten ,,Nabelblasenfeld", das vom Sinus terminalis umgeben ist, mit dem Chorion zur choriovitellinen Plazenta, die die Frucht wahrend des ersten Graviditatsviertels ernahrt (bis zur 14. Woche). Erst in diesem Stadium ist die Chorioallantois vollig ausgebildet und ubernimmt die weitere Versorgung des Fetus. Der Dottersack der Wiederkutler wurde bisher unseres Erachtens nicht eingehend untersucht. Friiheren Angaben zufolge wird der Dottersack des Rindes als Nabelblasenfeld rnit langen fadenformigen Enden beschrieben, die am 22. Tag der Graviditat noch bis in die ,,Eisackenden" reichen. Am 32. Graviditatstag ist der Zentralteil noch blasig, wahrend die Enden zur Halfte degeneriert sind (ZIETZSCHMANN, 1924). Beim Wiederkauer und Schwein wird dem Dottersack meist keine Bedeutung beigemessen. Dabei wird oft vergessen, daB der Dottersackkreislauf bei allen Tierarten iiber eine lange Embryonalperiode fur die Ubermittlung von Stoffwechselprodukten zwischen Muttertier und Frucht verantwortlich ist. In dieser Phase werden alle Organe angelegt. Die Verankerung der Chorionzotten in

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

327

d e n Karunkelkrypten findet bei Schaf und Rind erst im zweiten Graviditatsmonat statt. Histologische Untersuchungen iiber die Entwicklung des Wiederkauer-Dottersackes bzw. seiner entodermalen Auskleidung sind nicht bekannt. Die vorliegende Arbeit befaflt sich mit licht- u n d elektronenmikroskopischen Untersuchungen d e r Dottersackwand des Schafes u n d Rindes i m Laufe d e r Friihgraviditat.

Material und Methoden Von 15 Blastozysten ( 3 8 0 ~ - 5 c m Lange) und 54 Embryonen (3-43mm SSL., ca. 16.-40. Graviditatstag)vom Schaf und von 4 Blastozysten (15, 17 und 22 Tage, 845 pm- 10 cm Lange) und 6 Embryonen (29 und 40 Tage; sowie 4- 14 mm SSL., ca. 25. -35. Graviditatstag) vom Rind wurde das Dottersackentoderm, bzw. die Dottersackwand histologisch untersucht. Nach Offnung der aui3eren Fruchthiillen wurden die Embryonen in Phosphatpuffer fotografiert und anschliei3end zur lichtmikroskopischen Untersuchung in Bouinscher Losung 24 -48 Stunden fixiert. Danach wurden sie in der aufsteigenden Alkoholreihe dehydriert und in Paraplast eingebettet.Von den Blocken wurden 5 pm dicke Serienschnitte angefertigt und mit Hamatoxylin und Eosin oder nach Masson-Goldner gefarbt. Von 15 Schaf- und Rinder-Embryonen wurden Proben aus dem sackartig erweitenen Dottersackabschnitt und aus den Enden in Z%igem Glutaraldehyd 2-4 Stunden bei Kiihlschranktemperatur fixierr, in 0,15 Mol Cacodylatpuffer (pH 7,3) gewaschen, rnit l%igem Osmiumtetroxyd nachfixiert und nach der Entwasserung in der aufsteigenden Alkoholreihe stufenweise in Araldit eingebettet. Von den Blocken wurden Semidunnschnitte (1 pm) angefertigt und diese mit Methylenblau in I%iger wasseriger LBsung gefarbt. Die fotografische Dokumentation erfolgte mit einem Leitz Dialux 20 Photomikroskop. Anschlieflend wurden auf einem LKB-Ultrotom Schnitte fur die Elektronenmikroskopie angefertigt. Nach Kontrastierung mit 2%igem Uranylazetat und Bleizitrat wurden die Schnitte im Elmiskop 101 (Siemens) ausgewertet.

Abb. 1. Blastozystevom Rind 17. Graviditatstag.Lange 3 mm. Friihes Elongationsstadium.a)Nativpraparat, b) Schriitt durch die Keimscheibe. Ek = Ektoderm der Embryonalanlage, En = Entoderm der Embryonalanlage,T =Trophoblast, E = Entoderm unter demTrophoblast. Araldit, Methylenblau, x 470

328

RUSE

et al.

Die Blastozysten wurden in 2%igem Glutaraldehyd in 0,15 Mol Cacodylatpuffer fixiert und wie die Dottersackproben weiterbehandelt.

Ergebnisse 1. Form und Funktion des Dottersackes Die Entwicklung des Dottersackes geht vorn Entoderrn aus, welches die Blasto-

zystenhohle auskleidet. Schon in der friihen Elongationsphase (Abb. 1 a) differenziert sich dieses Keimblatt irn Bereich der Keimscheibe in iso- bis hochprismatische Zellen und in flache Zellen mit langgestreckten Zellauslaufern, die den Trophoblast begleiten (Abb. 1b, 2). Bei der Verlagerung der Herzanlage kommt es zurn Schlufl des Vorderdarrnrohres. I n der Mitte des 22 Tage alten Rinderembryos bleibt zunachst noch eine weit offene Verbindung zwischen dem Darm und dem Dottersack (Abb. 3), die sich bei der Kriirnrnung des Embryos jedoch rasch verengt. Der Dottersack besteht bei Rind und Schaf aus einem ca. 5mm langen und 3rnrn breiten sackartigen Abschnitt, der seitlich aus der Bauchhohle des Embryos austritt und in zwei lange diinne Enden auslauft (Abb. 4 und 5). Diese folgen dern Verlauf des Trophoblasten zu den Uterushornspitzen. Bei einem 4mm grogen Embryo vorn Schaf reichen die langen Enden des Dottersackes noch weit in den Trophoblast hinein, wahrend sich die Allantois auszubreiten beginnt (Abb. 5).

Abb. 2. Entodermzellen (E) unter dem Trophoblasten (T) einer Blastozyste vom Schaf im friihen Elongationsstadium. Lange 6 mm. RER = rauhes endoplasmatisches Retikulum, M = Mitochondrium, Zo = Zonula occludens. x 4970

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

329

Das ehemals hochprismatische Entoderm, das in der Blastozyste unter dem Ektoderm der Keimscheibe lag, Meidet nun als mehrreihiges Epithel das primitive Darmrohr aus. An der Nabelpforte geht das Entoderm abrupt in das isoprismatische Epithel des Dottersackentoderms uber (Abb.6 und 7). Die Verbindung der beiden Hohlen bleibt beim Schaf jedoch mindestens bis zu einer SSL. von 9 mm bestehen (Abb. 8). Bei dem 12 mm grofien Embryo vom Schaf war sie unterbrochen. Beim Schafembryo mit einer SSL. von 11 mm enthalt die Dottersackwand zahlreiche blutfuhrende Gefafle (Abb. 9). Die Degeneration des Dottersackes in spateren Entwicklungsstadien beginnt in der Peripherie der Enden. Der sackartige Abschnitt bleibt noch langere Zeit durchblutet. 2. Dottersackentoderm Das Dottersackentoderm verandert sich im Laufe der Funktionszeit des Dottersackes betrachtlich. Die peripheren, die Blastozyste auskleidenden Entodermzellen sind im Bereich des Kernes etwa 8 pm hoch. Sie konnen entlang dem Trophoblasten Fortsatze von 20-30 pm Lange entwickeln. Die unregelmaaig geformten Kerne enthalten Nucleoli, langgestreckte Mitochondrien vom Crista-Typ, wenige Strange rauhen endoplasmatischen Retikulums und Vesikel. Sie sind uber Zonulue occfudentes miteinander verbunden (Abb. 2 ) .

Abb. 3. Embryo vom Rind vor der Kriimmung. 22. Graviditatstag mit der sackartigen Erweiterung (DS) und den Enden des Dottersackes (DE). K = Kopf des Embryos, A = ankerformige Ailantoisanlage

330

RUSE

et al.

Abb. 4. Schematische Darstellung des Dottersackes vom Rind und Schaf. DS = sackartige Erweiterung, DE = Enden des Dottersackes, A = Allantois. Trophoblast (Chorion) nicht dargestellt

Im 3 mm grolen Schafembryo ist das Entoderm isoprismatisch. Das sich meist dunkel anfarbende Zytoplasma der noch einheitlich aussehenden Zellen enthalt zahlreiche helle Vesikel. Ihre lumenseitige Oberflache tragt Mikrovilli. Unter dem Entoderm befinden sich

Abb. 5. Embryo vom Schaf. Durchmesser 4 mm. Trophoblast entfernt. Die Enden des Dottersackes (DE) wurden vom Trophoblasten abprapariert. DS = sackartige Erweiterung des Dottersackes. A = Allantois

Die Enwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

33 1

zahlreiche Blutinseln und Kapillaren, die primitive Proerythroblasten und primitive Erythroblasten enthalten. Mesoderm ist nur sparlich, meist nur in Form des Mesothels vorhanden (Abb. 10). Bei 4 3 mm SSL. (Schaf) sind die Kapillaren bis in die Peripherie der Dottersackenden mit Blut gefiillt (Abb. 11 a-e). Die Dottersackentodermzellen sind nun hochprismatisch (I 6-20 x 14 Fm) und differenzieren sich in allen Abschnitten in helle und dunkle Zellen. Diese Differenzierung ist in einem der beiden Enden weiter fortgeschritten (Abb. 11 d und e) als in dem anderen (Abb. 11 a und b). Die dunklen Zellen enthalten polygonale Kerne, die hellen runde. Ein oder zwei deutliche Nucleoli sind in beiden Formen enthalten. Das Zytoplasma beider Typen enthalt Vesikel, die den hellen Zellen ein schaumiges Aussehen verleihen (Abb. 11 d und e). Im elektronenmikroskopischen Bild fallen in den hellen Zellen zahlreiche unregelmaflig geformte Zysternen auf, die mit flockig granuliertem Material gefiillt sind (Abb. 12). In den Zellen mit dunkler Matrix befinden sich zahlreiche Schlauche rauhen endoplasmatischen Retikulums (Abb. 13). Die in beiden Zellarten rundlich bis ovoiden Mitochondrien liegen meist in Kernnahe und enthalten undeutliche Cristae. Ihre Matrix ist hell. N u r vereinzelt liegen kleine Granula im apikalen Bereich. Die Entodermzellen sind durch Zonulue occludentes miteinander verbunden (Abb. 13). Bei 5,5 rnm SSL. beginnt sich das Dottersackentoderm zwischen die Kapillaren einzufalten. Bei 8 mm SSL. ist eine Zunahme der Dicke der Dottersackwand zu beobachten. Dies ist einerseits auf die nun dicht liegenden und prall gefiillten Blutkapillaren und

Abb. 6. Schnitt durch einen Embryo vom Schaf von 5,5 mm Scheitel-SteiB-Lange und seinen Dottersack (DS), der bei ') aus der Schnittebene weicht. D = Darm, H = Herz, U = Urniere, N = Neuralrohr. Paraplast, Hamatoxylin-Eosin

332

RUSE et al.

andererseits auf die Einfaltung des Entoderms zwischen die Kapillaren zuruckzufuhren. Die primitive Erythropoese ist voll im Gange. Primare Proerythrozyten und. primare Erythroblasten fullen die %efafllumina. Die Dottersackhohle enthalt Fetttropfchen. Das

Abb. 7. Offene Verbindung zwischen der primitiven Darmschleife (D) und dem Dottersack (DS) bei 5,s mm SSL. Man beachte den Ubergang vorn mehrstufigen Darmepithel zum isoprismatischen Epithel des Dottersackstieles. Ausschnitt aus Abb. 6.. x 120 Abb. 8. Verbindung der primitiven Darrnschleife (D) mit dem Dottersackstiel (DS) kurz vor deren Verschlud. Embryo vom Schaf mit 9mm SSL. Paraplast, Hgmatoxylin-Eosin, x 120 Abb. 9. Embryo vom Schaf, 1 1 mm SSL. Der Dottersack (DS) enthalt zahlreiche blutfiihrende Gefaf3e Abb. 10. Dottersackwand eines Schafembryos mit 3 mm SSL. E = Entoderm, Bk = Blutkapillaren mit Rrimitiven Erythroblasten, Me = Mesothel. Araldit, Methylenblau, x 470

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

333

334

Legende siehe Seite 336

RUSSEet al.

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

Legende siehe Seite 336

335

336

RUSSEet al.

A b b . l l . Dottersackwand aus den distalen (a und e) und proximalen (b und d) Abschnitten der Enden, sowie aus der sackartigen Erweiterung (c). Schafembryo mit 4,5mm SSL. dE = dunkle Entodermzelle, hE = helle Entodermzelle, Bk = Blutkapillare mit primiren Erythroblasten. Me = Mesothel. Araldit, Methylenblau, x 470

Entoderm bildet Zellsaulen, in denen die dunklen Zellen an Zahl uberwiegen (Abb. 14).Bei 9mm SSL. (Schaf) ist im Bereich des Sackes und in einem der proximalen Abschnitte des Dottersackendes in den Entodermfalten eine Mehrschichtigkeit des Epithels zu beobachten (Abb. 15). Die hellen, uber 20 prn groi3en Zellen enthalten groi3e Zysternen von glattem endoplasrnatischem Retikulurn (Abb. 16), die kleineren, dunklen Zellen (10- 14 pm) Stapel von rauhem endoplasmatischen Retikulum (Abb. 17). Mitochondrien sind nur wenige vorhanden. Die distalen Endabschnitte und der andere proxirnale Endabschnitt zeigen erste Zeichen der Degeneration. In der Dottersackwand eines Embryos von 11 mrn SSL. liegen die dunklen und hellen Entoderrnzellen oft abwechselnd nebeneinander oder bilden Gruppen gleichartiger Zellen. Unter den hellen Zellen komrnen zwei- bis mehrkernige vor. Die Dottersackkapillaren enthalten Stadien der prirnitiven Erythropoese. Bei 12 rnm SSL. hat sich die Dottersackwand stellenweise auf 80-100 pm verdickt, was auf die starke Einfaltung des Entoderms zuriickzufuhren ist. Dabei entstehen zwischen den aneinander liegenden Epithelien Canaliculi (Abb. 18 und 19). Das Entoderm besteht verrnehrt aus dunklen Zellen. Die hellen Abb. 12. Helle Entodermzelle aus Abb. 11d mit grogen, unregelmaflig geformten Vesikeln (V) und rundlichen Mitochondrien (M). x 8 100 Abb. 13. Dunkle Entodermzelle aus Abb. 11 d mit RER-Schlauchen (RER), rundlich-ovoiden Mitochondrien (M) und Zonula occludens (Zo). x 8100

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

337

338

RUSE et al

Abb. 14. Dottersackwand eines 8 mm grogen Schafembryos. Einzelne helle Entodermzellen (hE) liegen zwischen den zahlreichen dunklen (dE). Beginnende Einfaltung des Entoderms (Pfeil). Fetrtropfchen (F) im Dottersacklumen. Araldit, Methylenblau, x 470 Abb. 15. Starke Einfaltung des Entoderms im proximalen Abschnitt des Dottersackendes. Helle (hE) und dunkle (dE) Entodermzellen liegen nebeneinander. Schafembryo, 9 mm SSL. Araldit, Methylenblau, x 470 Abb. 16. Helle Zelle mit stark erweiterten Zysternen des endoplasmatischen Retikulum (ER) aus dem in Abb. 15 dargestellten Praparat. x 11 000 Abb. 17. Dunkle Zelle mit Stapeln von rauhem endoplasmatischen Retikulum (RER) aus dem in Abb. 15 dargestellten Praparat. x 11000

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

339

340

RUSE et al.

Abb. 18. Bildung von Canaliculi (C) zwischen dem eingefalteten Entoderm. Die Zahl der dunklen Zellen iiberwiegt. Helle Zellen liegen einzeln oder in kleinen Gruppen im Epithel. Schaf 12 mm SSL. Araldit, Methylenblau, x 500 Abb. 19. Einfaltung des Entoderms im proximalen Abschnitt einer der beiden Dottersackenden. C = Einmundung eines Canaliculus in das Dottersacklumen. Schaf, 15 mm SSL. Paraplast, MassonGoldner, x 250

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

34 1

Abb. 20. Entodermfalten im sackartig erweiterten Abschnitt bei 20mm SSL. (Schaf). Das Epithel erscheint mehrstufig, die Canaliculi (C) sind stark verengt. Grogere Kapillaren sind mit kernhaltigen oder kernlosen Erythroblasten gefullt, kleinere oft leer. Araldit, Methylenblau, x 330

Abb. 21. Geringere Einfaltung des Entoderms in den Dottersackenden. Einzelne helle Zellen (hE) zwischen den haufigeren dunklen Entodermzellen. Araldit, Methylenblau, x 528

342

RUSSEet al.

Abb. 22. Einfaltung des Entoderms zwischen zwei Blutkapillaren (Bk). Zahlreiche Fortsatze (F) an den Seiten der Zellen verzahnen sich mit denen der Nachbarzellen im Interzellularraum. Dottersackwand eines 20 mm grogen Schafembryos. x 4750

Abb. 23. Dottersackwand eines Schaffetus mit einer SSL. von 36mm. Die Entodermzellen haben Nester yon hellen und dunklen Zellen gebildet, zwischen denen die Canaliculi ( C )und Blutkapillaren (Bk)kollabiert sind. Me = Mesothel. Araldit, Methylenblau, x 330

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

343

Abb. 24. Entodermzelle bei 36 mm SSL. des Schafernbryos. Das Zytoplasma enthalt zahlreiche Glykogenpartikel (G), die z. T. kreis- oder ellipsenformig angeordnet sind. Tubuli von rauhem endoplasmatischen Retikulum (RER) und einzelne Granula sind neben den wenigen Mitochondrien (M) vorhanden. Die zahlreichen interdigitierenden Fortsatze (F) fiillen den Interzellularraum zwischen den Zellen aus. x 12 600

Zellen liegen einzeln oder in Gruppen zwischen den dunklen. In den Kapillaren sind einzelne mitotische Teilungen der primitiven Erythroblasten zu beobachten. In der weiteren Entwicklung faltet sich das Dottersackentoderm besonders im sackartigen Abschnitt immer mehr ein. In den Falten kommen Entodermzellabschnitte nebeneinander zu liegen und bilden Zellnester. Sie bestehen vonviegend aus dunklen Zellen (Abb. 20), die seitlich zahlreiche miteinander verzahnte Zellfortsatze aufweisen (Abb. 22 und 23). In den Dottersackenden ist die Einfaltung geringgradiger (Abb. 21). I n den Blutgefden treten definitive, kernlose Erythrozyten auf. Mit 36 mm SSL. besteht der Dottersack JUS Zellballen, die von dunklen oder hellen oder beiden Zellformen gebildet werden. Die Canaliculi sind weitgehend kollabiert, die Kapillaren z. T. verschlossen (Abb. 23). Die Entodermzellen enthalten nun reichlich Glykogen (Abb. 24). Bei dem Schafembryo von 42 mm SSL. zeigt auch die Wand des sackartigen Teiles des Dottersackes Degenerationserscheinungen.

Diskussion Die Form des Dottersackes vom Schaf und Rind pa8t sich der Form der langgestreckten, fadenformigen Blastozyste an, indem das Entoderm dem Verlauf des Trophoblasten, der sich in die Uterushorner erstreckt, folgt. Beim Schwein besteht der Dottersack dagegen nur aus einem zwischen Amnion und Allantois liegenden kleinen Sackchen (TIEDEMANN und MINUTH,1980b). Beim Wiederkauer bleibt unter dem Embryo jedoch auch ein

344

RUSE

et

al.

sackartiger Abschnitt bestehen, dessen Form von der ursprunglich weit offenen Darmpforte bedingt ist. Die Vcrbindung zum Darm, der Dottersackstiel, wird beim Verschlufi der Bauchhohle eingcengt. ZIETZSCHMANN hat 1924 die Form des Dottersackes beim Rind beschrieben und bezeichnete den Zentralteil als Nabelblasenfeld, von dem die fadenformigen Enden am 22. Graviditatstag bis in die ,,Eisackenden" reichcn. Erst in diescr Phase beginnt die Entwicklung der Allantois, die als kleines ankerformiges Gebilde aus dem kaudalen Abschnitt des Embryos auswachst. Zum gleichen Zeitpunkt beginnt das Herz zu schlagen. Bis zur Verankerung der Chorionzotten in den Karunkeln, die beim Rind um den 32. Graviditatstag beginnt, sind der Trophoblast und dcr Dottersackkreislauf fur die Versorgung des Embryos durch histiotrophe Ernahrung aus der Uterinmilch verantwortlich. Man konnte daher in den Friihstadien der Entwicklung des Wiederkauers wohl von einer Art Dottersackplazenta reden. Vom Beginn der 4. Woche an fallt der Dottersackwand weiterhin die Aufgabe zu, Gefafie und Blutzellcn zu bilden. Die Fruchthulle ist die Produktionsstatte der primitiven kernhaltigen Erythrozyten, die von 10 bis 16 mm SSL. 90- 100 % der Blutzellen ausmachen. SchlieBlich beherbergt die Dottersackwand die Primordialkeimzellen, die beim Rind von dort aus in der 4. und 5. Graviditatswoche in die Keimleiste und Gonadenanlage einwandern (JOST und PREPIN,1966). In der Blastozyste bestcht der Dottersack zunachst nur aus flachen Entodermzellen, die uber lange Zellfortsatze miteinander in Verbindung stehen und sich unter dem Trophoblast ausbreiten. Das Mesoderm erstreckt sich, z. B. beim Schwein, am 14. Graviditatstag nur 1 cm uber die Keimscheibe hinaus, am 16.Tag iiber 20 cm (KINGund ACKERLEY, 1985). Dies ist bci Schwein und Schaf ungefahr das Stadium der Implantation, welches beim Rind erst zwischen dem 19. und 22.Tag stattfindet (LEISER,1975). Die Differenzierung der Entodermzellen in die Vorlaufer der Darmepithelzellen und in das Dottersackentoderm geschieht bereits in der Blastozyste, indem die Zellen unter der Keimscheibe hochprisrnatisch werden, wahrend das Dottersackentoderm zunachst flach bleibt. Bei der Einengung des Dottersackstieles nehmen die auskleidenden Zellen eine isoprismatische Form an. Das Darmepithel besteht dagegen aus regelmagig angeordneten hochprismatischen Zellen. Im Laufe der Entwicklung des Dottersackes verindert das Entoderm seine Form und Struktur. Die flachen Zellen, die die Blastozyste auskleideten und die nur wenige Zellorganellen enthielten, werden im 3 mm grogen Schafembryo isoprismatisch. In ihrem dunkel angefarbten Zytoplasma sind lichtmikroskopisch zahlreiche Vesikel zu beobachten. Sie tragen Mikrovilli. Bei den 4-5 mm groi3en, implantierten Schafembryonen ist das Dottersackentoderm einschichtig und wird von iso- bis hochprismatischen, 15-20 pm hohen, dunkel anfarbbaren Zellen gebildet. Bei 5,5 rnm SSL. (Schaf ca. 18. Graviditatstag) beginnt es zu proliferieren und sich zwischen die Kapillaren in das Mesenchym einzusenken. Gleichzeitig treten neben den dunklen auch rundliche helle Zellen im Epithel auf. Bei 9 mrn SSL. uberwiegt die Zahl der hellen, prall mit Vesikeln gefullten, 20pm grofien Zellen. Das Epithel wird z. T. mehrschichtig. Die Veranderungen sind im sackartig erweiterten Abschnitt des Dottersackes besonders stark ausgepragt. Ahnliche Einfaltungen wurden auch im Dottersack des Menschen (HESSELDAHL und LARSEN, 1969) und des Schweines (TIEDEMANN und MINUTH,1980) beobachtet, wahrend das Dottersackentoderrn bei den 1976) und beim Hund (LEEet a]., 1983) Nagern (JOLLY, 1986), bei der Katze (TIEDEMANN, einschichtig bleibt. Bei allen untersuchten Spczies wird in den Dottersackentodermzellen reichlich granulares endoplasmatisches Retikulum beobachtet. Bei Rind und Schaf enthalten die dunklen Zellen zahlreiche, oft parallel angeordnete Schlauche granularen endoplasmatischen Retikulums. In den hellen Zellen sind dagegen wcite, mit flockigem Material gefiillte Zysternen des endoplasmatischen Retikulums dominant, die teilweise mit Ribosomen besetzt sind. Die ovoiden Mitochondrien haben nur wenige randstandige Cristae und einc relativ helle Matrix. Golgifelder sind zu beobachtcn, jedoch nicht vorherrschend. Die hellen Zellen haben einen vesikularen, euchromatinreichen Kern, der einen Schwammnukleolus enthalt. Der polygonale Kern der dunklen Zellen ist heterochromatinreicher. Ein Schwammnukleolus ist ebenfalls vorhanden. Bei 12 mm SSL wird die Einfaltung des

Die EntwickIung des Dottersackes beim Wiederkauer

345

Dottersackentoderms zwischen die dicht liegenden u n d mit primitiven Erythroblasten gefiillten Kapillaren starker. Die zunachst zu Zellsaulen proliferierenden Entodermzellen bilden i m Schaffetus von 3 6 m m SSL. dicht gepackte Zellnester mit Gruppen von hellen u n d dunklen Zellen. Wie beim Schwein sind auch bei Schaf und Rind Canaliculi zu beobachten. Die Bedeutung dieser Zellnester ist unbekannt. Das in den Entodermzellen reichlich enthaltene RER Iaflt auf eine Funktion im Eiweiflstoffwechsel schliei3en. Bei den Nagern wurde ein aktiver Proteintransport durch das Dottersackentoderm nachgewiesen (HAAR u n d ACKERMANN, 1971; KUGLER,1986; KINGu n d ENDERS,1970; DEREN e t al., 1966; SLADE,1970). D'ie von einem oberflachlichen Tubulisystem aufgenommenen Eiweifle werden z u Peptiden oder Aminosauren abgebaut u n d in die Kapillaren abgegeben. Beim Menschen (GITLIN et al., 1972) und der Katze (TIEDEMANNund MINUTH, 1980 a) enthalten die Entodermzellen alpha-Fetoprotein u n d Serumalbumine. Beim Schwein (TIEDEMANNund MINUTH,1980 b) werden Albumin u n d saure alpha-Glycoproteine im Dottersack gebildet. Die bei Nagern und beim Schwein beobachteten Transporttubuli konnten in den Untersuchungen am Wiederkauer nicht gefunden werden. Aufgrund der Ahnlichkeit der Zellstruktur wird vermutet, dafl es sich bei den hellen und dunklen Zellen u m die gleiche Zellart in verschiedenen Funktionsstadien handelt. In den dunklen Zellen liegt das RER in F o r m von gestapelten Platten vor, in den hellen Zellen in erweiterten Zysternen. Bei der Katze konnte die Speicherung von Proteinen in den ER-Zysternen nachgewiesen werden (TIEDEMA" und MINUTH,1980a). Das Auftreten von Glykogen in den spaten Stadien konnte auch beim Menschen (HESSELDAHL und LARSEN,1969) u n d beim H u n d (LEE et al., 1983) beobachtet werden. TIEDEMANN (1976) vermutet, dai3 im Dottersack-ER eine Polymerisation von Glukose in Glykogen vonstatten geht.

Zusammenfassung Die Entwicklung des Dottersackes wurde an 69 Schaf- und 10 Rinderembryonen vom Blastozystenstadium bis zur 7. Graviditatswoche untersucht. Es wurden licht- und elektronenmikroskopische Befunde erhoben. Der Dottersack besteht bei Rind und Schaf aus einem sackartig erweiterten, unterhalb des Embryos liegenden Teil und zwei dem langgestreckten Verlauf des Trophoblasten folgenden Enden. Beim Schaf besteht bis zu 9 mm Scheitel-SteiB-Lange zwischen dem Darm und dem Dottersack eine offene Verbindung. Bei 12mm SSL. ist sie geschlossen. Die Wand des Dottersackes ist besonders im sackartig erweiterten Teil stark vaskularisiert. I n den Blutkapillaren lauft die primare Erythropoese ab. In der Blastozyste besteht das Dottersackentoderm aus langgestreckten flachen Zellen. Im 3 mm gronen Embryo (Schaf) wird es isoprismatisch, spater hochprismatisch. Die bis 20 pm hohen Zellen sind stark anfarbbar und enthalten zahlreiche helle Vesikel. Bei 4,5 mm SSL treten zwischen den dunklen auch helle Zellen auf. Beide Zellarten enthalten reichlich granulares endoplasmatisches Retikulum (RER). Die starkere Anfarbbarkeit der dunklen Zellen ist durch das osmiophile Zytoplasma und zahlreiche, oft parallel angeordnete Lamellen des RER bedingt. In den hellen Zellen ist das RER zu grogen unregelmagig geformten Zysternen erweitert, die das Zytoplasma nahezu ganz ausfiillen und die Zellen rundlich erscheinen lassen. Die dunklen Zellen enthalten polygonale, die hellen runde Kerne mit einem oder zwei Nucleoli. Die ovoiden Mitochondrien haben nur wenige kurze randstandige Cristae. Golgifelder sind nicht sehr haufig. Die Entodermzellen sind uber Zonulue occludentes untereinander verbunden. An der lumenseitigen Oberflache tragen sie Mikrovilli. Sie sind von einer Basalmembran unterlagert. Von 5 mm SSL. an (Schaf) faltet sich das Dottersackentoderm zwischen die Kapillaren ein und wird in der Folge mehrschichtig. Zwischen den Zellen weitet sich der Interzellularraum, in dem sich die Fortsatze benachbarter Zellen verzahnen. Zwischen den nebeneinander liegenden Epithelien entstehen Canaliculi. Infolge dieser Einfaltungen und der dicht liegenden Kapillaren nimmt die Dottersackwand an Dicke zu. Die Einfaltungen sind besonders in dem sackartigen Teil des Dottersackes dominant, in den Enden nur angedeutet. Die Ruckbildung des Dottersackes beginnt in den peripheren Endabschnitten und schreitet zentripetal fort. In den Dottersackentodermzellen des Schaffetus mit einer SSL. von 36 mm treten zahlreiche Glykogenpartikel auf. Bei 42 mm SSL. zeigt auch der sackartige Abschnitt Degeneration. Mesenchym ist wahrend der gesamten Entwicklung in der Dottersackwand nur sehr sparlich vertreten. In den Mesothelzellen sind nahezu keine Veranderungen zu beobachten.

346

RUSE et al.

Resumen Desarrollo del sac0 vitelino en rurniantes (oveja y vaca) Se investigo el desarrollo del sac0 vitelino en 69 embriones de ovinos y 10 de bovinos, a1 estado de blastocisto de 7 semanas de gestacibn. Se informa de lo observado con microscopio de luz y electr6nico. En la oveja y en el vacuno el sac0 vitelino esti formado por una parte alargada, que se encuentra por debajo del embridn y dos extremos que se extendien a lo largo del trofoblasto. En la oveja hay una coneccion abierta hasta la longitud cefalo-caudal (CRL) de 9 mm. Este se cierra a 10s 12 mm de CRL. La pared del sac0 eat6 muy vascularizada, especialmente en su porci6n alargada. Se produce la primera eritropoyesis en 10s capilares sanguineos. En el blastocisto, el sac0 esti formado por cilulas planas y alargadas. Estas se hacen c6bicas en el embridn de 3 mm (ovino) y posteriormente cilindricas. Las ctlulas altas de 20 pm se tiiien de color obscuro y contienen numerosas vesiculas reiiidas debilmente. En 10s embriones de CRL 4.5 mm aparecen ctlulas claras entre las obscuras. Ambas cilulas contienen un desarrollado reticulo endoplismico rugoso (rER). El aumento de tincidn en las ctlulas obscuras se debe a la osmofilia del citoplasma y a numerosas, y a menudo, paralelas lamelas de rER. El rER de las cilulas claras posee cisternas de forma alargada e irregular, las que casi llenan el citoplasma dandole a la cilula un aspect0 redondeado. Las cilulas obscuras tienen nucleos poligonales, entanto que las claras lo poseen de forma redondeada y con uno o dos nucleolos. Las mitocondrias son ovaladas y tienen so10 unas pocas crestas. No son muy comunes 10s complejos de Golgi. Las ctlulas endodermales estin unidas entre si por Zonulu ocludenr. Ellas poseen microvellosidades en la superficie luminal y descansan en una membrana basal. Cuando alcanza 10s 5 mm de CRL (ovinos) el endodermo del sac0 vitelino se pliega sobre si mismo en medio de 10s capilares, haciendose por lo tanto estratificado. El espacio intercelular se expande entre las ctlulas contigiias interdigitandose con ellas. Los canaliculos se extienden hacia el epitelio adyacente. La pared del sac0 vitelino se hace gruesa como resultado del plegamiento y del empaquetamiento de 10s capilares. Los plegamientos son especialmente predominantes en la parte m b ancha del saco, y so10 aparente en 10s extremos. La involuci6n del sac0 empieza perifiricamente en 10s extremos y avanza centripetamente. Numerosas particulas de gIic6geno aparecen en las ctlulas endodermales del sac0 en el feto de bovino de 36 mm y 42 mm de CRL, ademls la porci6n ancha del sac0 empieza a mostrar signos de degeneracion. El mesinquima es escaso en la pared del sac0 durante todo el period0 de desarrollo. Practicamente no se observaron cambios en las cilulas mesoteliales.

Literatur BLOOM,W., and G.W. BARTELMEZ, 1940: Hematopoiesis in young human embryos. Am. J. Anat. 67,21-53. BRANCA, A., 1912: Sur I’histogtntse de la visicule ombilicale humaine. C. R. Assoc. Anat. 14, 15-21. CANFIELD, P. J., and R. S. JOHNSON, 1984: Morphological aspects of prenatal haeniatopoietic development in the cat. Anat. Histol. Embryol., Zbl. Vet. Med. C 13, 197-221. DEREN,J. J., H . A. PADIKULA, and T. H. WILSON,1966: Development of structure and function in the mammalian yolk sac. 11. Vitamin B 12 uptake by rabbit yolk sacs. Developm. Biol. 13,349-369. HAAR,J. L., and G. A. ACKERMAN, 1971: Phase and electron microscopic study of vasculogenesis and erythropoiesis in the yolk sac of the mouse. Anat. Rec. 170, 199-224. HESSELDAHL, H., and J. F. LARSEN,1969: Ultrastructure of human yolk sac: endoderm, mesenchyme, tubules and mesothelium. Am. J. Anat. 126, 315-336. HOYES,A.D., 1969: The human fetal yolk sac. An ultrastructural study of four specimens. Z. Zellforsch. 99, 469-480. JOLLIE, W. P., 1986: Review article: Ultrastructural studies of protein transfer across rodent yolk sac. Placenta 7, 263-281. JORDAN, H. E., 1916: Microscopic structure of the yolk sac of the pig embryo with special references to the origin of the red blood cells. Am. J. Anat. 19, 277. JOST, A., et J. PREPIN,1966: Donnies sur la migration des cellules germinales primordiales du foetus de veau. Arch. Anat. Microscop. Morphol. Exptl. 55, 161-186. KING, G. J., and C. A. ACKERLEY, 1985: Demonstration of oestrogens in developing pig trophectoderm and yolk sac endoderm between days 10 and 16. J. Reprod. Fert. 73, 361-367. KING,B., and A. ENDERS,1970: Protein absorption and transport by the guinea pig visceral yolk sac placenta. Am. J. Anat. 129, 261 -288. KUGLER,P., 1986: Hamoproteinaufnahme und Peptidasenmuster des visceralen Dottersackepithels der Ratte wahrend der Entwicklung. Acta histochemica, Suppl. XXXII, S. 191 - 194.

Die Entwicklung des Dottersackes beim Wiederkauer

347

LEE,S. Y., J. W. ANDERSON, G. L. Scorr, and H . W. MOSSMANN, 1983: Ultrastructure of the placenta and fetal membranes of the dog: 11. The yolk sac. Am. J. Anat. 166, 313-327. LEISER,R., 1975: Kontaktaufnahme zwischen Trophoblast und Uterusepithel wahrend der friihen Implantation beim Rind. Anat. Histol. Embryol., Zbl. Vet. Med. C 4, 63-86. SLADE,B. S., 1970: An attempt to visualize protein transmission across the rabbit visceral yolk sac. J. Anat. 107, 531 -545. SORENSEN, V. W., and H. HESSELDAHL, 1976: Development of blood cells and capillaries in the yolk sac of pig embryos. A transmission and scanning E.M. study. Anat. Histol. Embryol., Zbl. Vet. Med. C 5, 102. THOMPSON, E.L., 1951: Time and rate of loss of nuclei by the red blood cells of human embryos. Anat. Rec. 111, 317-325. TIEDEMANN, K., 1976: O n the yolk sac of the cat. Endoderm and mesothelium. Cell Tiss. Res. 173, 109- 127.

TIEDEMANN, K., and W. W. MINUTH,1980a: Synthesis of serum proteins by the posthaematopoietic feline yolk sac. Histochemistry 67, 155- 167. TIEDEMANN, K., and W. W. MINUTH,1980 b: The pig yolk sac. I. Fine structure of the posthaematopoietic organ. Histochemistry 68, 133- 146. O., 1924: Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte der Haustiere. Richard Schoetz, ZIETZSCHMANN, Berlin.

[The development of the yolk sac in ruminants (sheep and cattle)].

Yolk sac development was investigated in 69 ovine and 10 bovine embryos from the blastocyst stage to the 7th week of gestation. Light and electron mic...
2MB Sizes 0 Downloads 0 Views