Originalarbeit - Experimentelle Untersuchung

Der EinfluB de,r Ligatur auf die Friktion zwischen Bracket und Bogen H. A. Schumacher, C. Bourauel, D. Drescher Poliklinik for Kieferorthop~idieder Universit~tt Bonn (Direktor: Prof. Dr. Dr. G. P. F. Schmuth), Bonn

Zusammenfassung: Zur Bestimmung der Gr613e des Kraftverlustes, den ein Bracket bei der Ffihrung entlang eines Bogens durch den EinfluB der Ligatur erf~ihrt, wurden die Kombinationen von f0nf verschiedenen Behandlungsb6gen und sechs Ligaturen in einer Mel3apparatur untersucht. Die Ergebnisse, die bei einer Angulation des Brackets gegentiber dem Bogen von 0~ gewonnen wurden, erlauben folgende Aussagen: 1. Die Friktion wird weniger von der Drahtdimension als vielmehr vonder Art der Ligatur und dem Ligierungsvorgang bestimmt. 2. Die von Alasticmodulen erzeugte Friktion liegt signifikant unter dem for Stahlligaturen ermittelten Wert. Der Unterschied wird besonders bei den nicht verseilten Standardstahldr~ihten deutlich. 3. Bei allen verseilten Dr~ihten, auch dem h6her dimensionierten 0,016 x 0,022-Inch-Force-9-Draht, daft mit unerwartet niedrigem Reibungswiderstand gerechnet werden. 4. Die Kombination von Standardstahldr~ihten (0,016 Inch und 0,016 x 0,022 Inch) mit Stahlligaturen erzielt Friktionswerte, die in der Regel die orthodontische, eingesetzte Kraft erreichen dfirfte. 5. Daraus folgt, dab bei der Verwendung von Stahlligaturen ein nachtr~igliches L6sen der Ligatur um zirka 90~ bis 180~ unbedingt erforderlich ist, solange Zahnbewegung angestrebt wird. 6. Unter den Alasticmodulen erzeugten die grauen Quickstickmodule (Unitek) die geringste Friktion.

Summary: The combinations of five different wire materials and six ligatures were analysed with the help of a testing apparatus in order to determine the loss in orthodontic force caused by friction between arch wire and ligature. The bracket was fixed at an angulation of zero degrees with respect to the arch wire. The results of our measurements can be summarized as follows: 1. Friction is determined mostly by the sort of ligature and by the way of ligation and not by the dimensions of the different arch wires. 2. Friction caused by alastics is significantly less than friction caused by steel-ligatures. This can be observed especially if standard-steel wires are used. 3. Frictional forces are astonishingly low if multistranded wires are used. Even the 0.016 x 0.022 Force 9 wire shows little friction. 4. Orthodontic force may even be neutralized if a steel ligature is combined with standard steel wires (0.016 and 0.016 x 0.022). 5. This leads to the.proposal that a steel ligature should be retwisted for about 90 to 180~ next to the bracket, if orthodontic tooth translation is to be achieved. 6. Using the Unitek Quicksticks causes least friction beneath the alastics.

Einleitung Die k6rperliche Bewegung von Z~ihnen in mesiodistaler Richtung ist eine der wesentlichen Teilaufgaben im Rahmen jeder Extraktionstherapie. Unter den heute zur Verf%ung stehenden Multibandtechniken nimmt die Vollbogentechnik for sich in Anspruch, dieser Aufgabe am ehesten gerecht zu werden. Der Vorteil wird vor allem in der gleichm~iBigen Verteilung der ange-

Endg/)ltige Annahme des Manuskripts: 22.2.90.

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wandten Kraft auf die gesamte der Wanderungsrichtung entgegengesetzte Wurzeloberflfiche gesehen. Somit sollen Kraftspitzen in bestimmten Wurzelbereichen vermieden werden. Es scheint jedoch festzustehen, dab ein Zahn bei der beschriebenen Behandlungstechnik nicht kontinuierlich am Bogen entlang gezogen wird, sondern im Wechselspiel zwischen Kippung und Aufrichtung bzw. Rotation und Derotation bewegt wird. Ohne an dieser Stelle erneut die Vor- und Nachteile der Voll- und Teilbogentechnik zu diskutieren, muB der 9 Urban & Vogel

Fortschr. Kieferorthop. 51 (1990), 106-116 (Nr. 2)

Schumacher, Bourauel, Drescher: Ligatur und Friktion Nachteil einer unvermeidbaren Friktion immer dann in Betracht gezogen werden, wenn ein Bracket entlang eines Bogens gefOhrt wird. Auf die Friktion nehmen folgende Faktoren EinfluB: - biologischer Widerstand, Bracketbreite, Bracketangulation, - Drahtmaterial und -oberflfiche, - Drahtquerschnittsform und -dimension, - Torque, - Ligatur. -

Gerade der Einflul3 der Ligatur als friktionsausl6sendes Element erscheint uns bls heute in den wissenschaftlichen Publikationen noch weitgehend unberficksichtigt. Klinische Erfahrungen zeigen jedoch, welche therapeutischen M6glichkeiten durch die Ligatur gegeben sind. Gleichzeitig werden aber auch die Gefahren deutlich, die im Hinblick auf ein ,,Umschlagen der Verankerung" und damit auf einen therapeutischen Mil3erfolg bestehen. Dies betrifft sowohl die Nivellierungsals auch die FOhrungsphase.

L i t e r a t u r i i b e r s i c h t

Die geringe Anzahl der zum Thema Friktion ver6ffentlichten Arbeiten erlaubt einen Gesamtfiberblick mit spezieller Berticksichtigung des Einflusses der Ligatur.

Andreasen und Quevedo [3] konzentrieren sich in ihrem Beitrag auf die Variablen Bracketbreite, Drahtstfirke sowie Angulation des Bracketschlitzes zum Drahtverlauf. Sie zeigen im In-vitro-Versuch, dab bei der Ffihrung eines Brackets entlang eines Drahtes die Friktion mit zunehmender Drahtstfirke und Angulation ansteigt. Der Einflul3 einer unterschiedlichen Bracketweite oder einer Zugabe von Speichel auf die Friktion war dagegen unwesentlich. Unterschiedliche KrafteinflOsse durch die Ligatur wurden in dieser Untersuchung durch den Einsatz einer Druckfeder standardisiert. Frank [12] sowie Frank und Nikolai [13] geben dagegen unter vergleichbaren Versuchsbedingungen erh6hte Friktionswerte for breitere Brackets an. Auch sie stellen eine mit der Angulation und der Drahtdimension ansteigende Reibung fest. Gleiches gilt for ein verstfirktes Anziehen der Ligatur. 9 Urban & Vogel Fortschr. Kieferorthop. 51 (1990), 106 116 (Nr. 2)

Riley et al. [19] untersuchen die gegenseitige Einflul3nahme von Ligaturenmaterial, Bracketmaterial, Drahtdicke und Verweildauer der Ligatur im feuchten Milieu. Ihren Untersuchungen zufolge erzeugt eine Stahlligatur eine h6here Reibung als Alasticmodule. Dies gilt vor allem bei der Anwendung von Vierkantdrfihten und Plastikbrackets. Die Verweildauer der Ligaturen im flfissigen Milieu ist dagegen for Alasticmodule bedeutungslos und ergibt ffir Drahtligaturen eine nicht signifikante Erh6hung der Friktion. Auch Blume [5] und Muirhead [16] machen Aussagen in bezug auf Ligaturenmaterial und ziehen den 0,015 Inch dicken, verseilten Draht mit in ihre Untersuchungen ein.

Blurne [5] bezeichnet den 0,015 Inch dicken Twistflex als einen ,,wendigen" Draht mit sehr geringer Friktion selbst bei verstfirkter Angulation zwischen Bracketschlitz und Drahtverlauf. Bei fehlender Angulation wird der Einflul3 des Ligaturenmaterials besonders deutlich und erbringt for die locker ligierte 0,010 Inch dicke Stahlligatur niedrigere Werte als ffir Alasticmodule. Mit dieser Aussage steht er im Gegensatz zu Muirhead [16]. Dieser beobachtet zwar eine enge Korrelation zwischen Ligatur und Stfirke der Friktion, schreibt jedoch der Stahlligatur h6here Friktionswerte und vor allem einen grogen Schwankungsbereich zu. Bemerkenswert ist seine Feststellung, dab ein Doppelbracket im Vergleich zum Einzelbracket stfirkere Friktion erzeugt. Damit steht er in 121bereinstimmung mit der oben zitierten Arbeit von Frank und Nikolai [13]. Spezielle Untersuchungen fiber die elastischen Eigenschaften von Alastics sind unseres Wissens noch nicht erfolgt. Andreasen und Bishara [1] zeigen, wie spfiter auch Hershey und Reynolds [15], for Alasticketten einen Kraftabfall von zirka 60 % bei mehrw6chiger Liegedauer mit einem Abfall von bis zu 50 % in den ersten 24 Stunden. Unsere bisherigen eigenen Untersuchungen betreffen die Parameter Drahtmaterial, Bracketbreite und Drahtdimension bei definiertem, jedoch nicht festgestelltem Angulationsdrehmoment [10, 11]. Die Mel3ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Drahtmaterialien hinsichtlich der Oberflfichengfite, was sich in einer steigenden Frik107

Schumacher, Bourauel, Drescher: Ligatur und Friktion tion des HI-T-Stahldrahts fiber Standardstahl-, Elgiloy blue bis hin zu Nitinoldraht sowie in extrem hohen Werten ffir TMA-Draht /iugert. Eine Erh6hung der Drahtdimension vor allem in der Vertikalen und die Reduzierung der Bracketbreite ergeben eine Zunahme der Friktion. Somit empfehlen wir ffir die Ffihrungsphase eine Drahtkombination von 0,016 x 0,022 Inch Stahlbogen bei breitem Brackettyp. B e m e r k u n g e n zur Mechanik

Die ideale Ausgangssituation ffir die Bewegung eines Zahnes entlang des Bogens ist die konfliktfreie Lage des Drahtes im Bracketschlitz. Unmittelbar nach Einsetzen der orthodontischen Kraft kommt es zu einer der Kraft entsprechenden Anlagerung von Draht und Bracket. Der Draht wirkt im Zusammenspiel mit dem Edgewise-Bracket fiber ein Krfiftepaar in vertikaler Richtung im Sinne einer Aufrichtung des Zahnes. Gleichzeitig wirkt die orthodontische Kraft in horizontaler Richtung rotatorisch auf den Zahn ein. Die elastische Deformation des Bogens entwickelt dabei fiber die Bogenligatur ein zus/itzliches horizontales Krfiftepaar, welches im Sinne einer Antirotationsbewegung den Zahn beeinflu6t. Hierbei kommt es infolge der Drahtligatur zu einer zus~itzlichen Vergr66erung der Anlagerungsflfiche zwischen Draht und Bracketkomplex und damit zu einer Erh6hung der Friktion (Abb. 1). Den daraus resultierenden Kraftverlust durch Reibung mug man bei jeder Ffihrung eines Zahnes entlang des Bogens als gegeben hinnehmen. Durch den individuell vermutlich stark unterschiedlich eingegebenen Anlagerungsdruck einer Stahlligatur und infolge vieler weiterer friktionsausl6sender Faktoren wird der Kraftverlust K 2--

Friktion

Frikt[on

Abb. 1. Die okklusaleAnsichtzeigtdie Situationnach Einsetzender orthodontischen Kraft in horizontalerRichtung. Die elastischeDeformationdes Drahtes, bedingtdurchden Anlagerungsdruckder Ligatur, wirkt im Sinne eines Antirotationsmomentes,wobei jedoch die resultierende Reibung einen Teil der Bewegungsenergieverbraucht. 108

unkalkulierbar. Eine Verklemmung von Bracket und Draht ist denkbar, die angelegte Kraft wird dann nicht orthodontisch wirksam und jede weitere Bewegung des Zahnes verhindert. Neben der Fixierung des Bogens im Bracketschlitz besteht die wesentliche Aufgabe einer Ligatur darin, eine ausreichende Wurzelkontrolle ffir alle beb~inderten Zfihne zu gewfihrleisten. Diese Kontrolle ist um so mehr gegeben, je exakter der Draht im Bracketschlitz sitzt, das heif3t je stfirker die Ligatur angezogen ist. Damit befinden wir uns in all den Ffillen, in denen Brakket- oder Bogenanteil nicht ortsstabil ist, in einer Konfliktsituation, das heil3t, solange ein Bracket entlang dem Bogen geffihrt wird oder der Bogen den Bracketschlitz durchgleiten mug, sollte der Anpre6druck der Ligatur zugunsten einer verminderten Friktion herabgesetzt werden, auch wenn wir damit auf einen Teil der Wurzelkontrolle verzichten. Ffir die Ffihrungsphase, also die Phase, in der die Zfihne entlang des Bogens in mesiodistaler Richtung bewegt werden, dfirfte oben genanntes Vorgehen selbstverstfindlich sein. Es erstaunt aber immer wieder, wie oft entgegen diesem Prinzip vor allem in der Nivellierungsphase gearbeitet wird, denn auch/oder besonders wfihrend der Nivellierungsphase findet eine Verschiebung zwischen Bracket und zugeh6rigem Bogenanteil statt. Hier geschieht dies jedoch nicht im Sinne einer mesiodistalen Bewegung des Zahnes, sondern der gekrfimmte Verlauf des Nivellierungsbogens verlangt mit zunehmender Nivellierung der Zfihne dessen ungehindertes Durchgleiten durch alle Bracketschlitze. Die Verklemmung des Drahtes im Bracketschlitz, unter anderem bedingt dutch ein zu festes Anziehen der Ligatur, steht dem entgegen. Nur so sind das hfiufig zu beobachtende Zustandsbild des ,,Flaring", das heiBt eines unkontrollierten bukkalen Ausweichens der Zfihne, ocier Lficken im Engstandsgebi6 im Zuge der Nivellierung zu erklfiren (Abb. 2). Im Gegensatz dazu kann eine sehr feste Ligatur eine zusfitzliche Blockverankerung dort aufbauen, wo ein Gleiten zwischen Bogen und Bracket unerwfinscht ist, und auf diese Weise einem Verankerungsverlust entgegenwirken. Zur Klfirung der oben genannten Fragen soll versucht werden, das Ausmal3 der durch die Ligatur ausgel6sten Friktion zu ermitteln. Von speziellem Interesse ist hierbei der Einflu6 folgender Faktoren: 9 Urban & Vogel Fortschr.Kieferorthop.51 (1990), 106-116 (Nr. 2)

Schumacher, Bourauel, Drescher: Ligatur und Friktion -0,0175 Inch Dentalflex, dreifach verseilt, Dentaurum), - 0 , 0 1 6 • 0,022 Inch Force 9, neunfach verseilt (Ormco), - 0,016 Inch Standard Stahl (Unitek) (Bezeichnung UNI), - 0,016 x 0,022 Inch Standard Stahl (Unitek).

Abb. 2. Erst nach Einsetzen des Nivellierungsbogens werden die Niveauunterschiede zwischen den benachbarten Z~ihnen voll sichtbar. Der nachfolgende Niveauausgleich des Bogens ist nur dann ohne Flaring der Z~ihne m6glich, wenn ein Hindurchgleiten des Bogens durch die Bracketschlitze m6glichst ungehindert erfolgen kann.

- Ligaturenspannung, Ligaturenmaterial, - Ligaturenst~irke, Drahtdimension, Drahtquerschnitt (rund, kantig, verseilt). -

Das Verhalten anderer Draht-/Bracketkombinationen im Vergleich zu den hier untersuchten, insbesondere das Verhalten weiterer Stahldr~ihte im Vergleich zum Unitek-Draht, kann aus frtiheren Messungen abgeleitet werden [10, 11]. M e B m e t h o d e

Der von uns entwickelte Aufbau der Mel3apparatur zur Simulation der Zahnbewegung entlang eines Bogens entspricht im wesentlichen dem in einer frfiheren Arbeit [11] beschriebenen. An dieser Stelle soil daher nur eine kurze Darstellung der wichtigsten Komponenten erfolgen.

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M a t e r i a l

Die Messungen effolgten mit einem Standard-Edgewise-Zwillingsbracket (Stahl) mit einer Slotweite von 0,0185 Inch und einer Breite von 3,3mm (medium). Von den angebotenen Ligaturen wurden folgende Produkte ausgew~ihlt:

Der linke Teil der Apparatur (Abb. 3) dient der Aufnahme der ausgew~ihlten Behandlungsb6gen bei identischer Vorspannung. Das Bracket wurde auf einer Dehnschraube fixiert; der Schlitz des Brackets wurde mit 0~ Angulation exakt zum Draht ausgerichtet und

- Unitek 0,010 Inch, vorgeformt, blau, - Unitek 0,011 Inch, vorgeformt, rosa, - Ormco 0,014 Inch, Kobayashi Ligaturenh~ikchen, Unitek Quickstick, A-Modul grau (grol3 und klein), Dentaurum Dentalastics, 1,3 mm, - Ormco Powerchain, Generation II. -

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Aul3erdem wurden weitere im klinischen Bereich iibliche Vorgehensweisen in Form von Doppelligaturen (Stahl und Dentalastic) sowie Stahlligaturen-nach Deaktivierung direkt am Bracket um bis zu 180~ - untersucht. Zur Untersuchung wurden folgende Dr~ihte benutzt, die allgemein in der Nivellierungs- bzw. Ftihrungsphase zur Anwendung kommen: - 0,015 Inch Dentaflex, dreifach verseilt (Dentaurum) (Bezeichnung TWF), 9 Urban & Vogel

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Abb. 3. Schematische Darstellung der Mel3apparatur. Das Ger~it besteht aus zwei Teilen. Der linke Teil dient der Aufnahme der Behandlungsb6gen. Sie werden mit einer Feder vorgespannt. Der rechte Teil besteht aus einer Halterung f/ir das Bracket sowie einer Dehnschraube, mit der der Anlagerungsdruck der Ligatur stufenlos eingestellt werden kann. Kraftsensor und Montagetisch sind Bestandteile der Werkstoffpriifmaschine, in die die Apparatur eingebaut wird.

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Schumacher, Bourauel, Drescher: Ligatur und Friktion festgestellt. Diese zweite K o m p o n e n t e wurde gemeinsam mit der Drahthalterung in einer Werkstoffprfifmaschine (Zwick 1445) aufgebaut, die fiber einen Montagetisch und einen Kraftsensor verffigt. Das Bracket ist fiber die Dehnschraube mit dem Kraftsensor verbunden; mit Hilfe des Montagetisches wird der Draht durch das Bracket gezogen. Der MeBweg, um den der Montagetisch verfahren wird, betr~igt 10mm; die Geschwindigkeit, mit der der Draht durch den Bracketschlitz gezogen wird, wurde mit 2 mm/s gew~ihlt. Die dabei auftretende Reibung wird fiber den Kraftsensor registriert. Die A u f n a h m e der Mel3werte und die Steuerung der Messungen erfolgen fiber einen Rechner. Die den Bogen im Slot fixierende Ligatur kann mit Hilfe der Dehnschraube stufenlos angespannt und ihre Spannung fiber einen selbstkonstruierten Kraftme6balken bestimmt werden (Abb. 4 und 5).

Brocket~

Bogen,

Ligotur / i ~ --'-O - ehnschroube DVM

Abb. 4. Detailansicht der Brackethalterung. Die Ligatur wird fiber Bracket und Bogen gelegt und anschliel3endan einem selbstkonstruierten Kraftmel3balken befestigt. Mit der Dehnschraube wird die Spannung der Ligatur eingestellt und der Anlagerungsdruck fiber Dehnungsme6streifen(DMS), einen Operationsverst~irker(OP) und ein Digitalvoltmeter (DVM) bestimmt.

Vorgehen Das zu 16sende Problem liegt in der Aufgabe, reproduzierbare bzw. identische Me6bedingungen ffir die jeweiligen Draht-Ligatur-Kombinationen zu schaffen. Es ist einleuchtend, dab auch ein und derselbe Behandler nicht in der Lage ist, einen von Ligatur zu Ligatur identischen Anlagerungsdruck zu erzeugen. Es mul3 angenommen werden, dab bei Anwendung von Stahlligaturen infolge individuell unterschiedlicher Ligierungsweise erheblich differierende Friktionswerte erzielt werden. D a h e r mu6te zunachst im Vorversuch gekl~irt werden, in welchem Kraftbereich die Friktion liegt, wenn unter klinik~ihnlichen Bedingungen Ligaturen gelegt werden. Diese Tests wurden mit vier Assistenten durchgeffihrt, die wiederholt einen 0,016-InchStahldraht mit einer 0,010-Inch- dimensionierten Stahlligatur befestigten. Die Ligaturen wurden mit einer Ligaturenzange a gelegt. Mit dieser Draht-Ligatur-Kombination wurde anschlie6end mit Hilfe der Dehnschraube und des Kraftme6balkens die dazugeh6rige Spannung der Ligatur ermittelt. Dabei wurden mit der Dehnschraube vier verschiedene Ligaturenspannungen eingestellt, die Friktionswerte erzeugten, welche den im Vorversuch ermittelten Bereich m6glichst gut fiberdeckten. Die Ligaturenspannungen wurden mit dem Kraftme6balken fiber 1 Typ DP 385, Firma Aesculap. 110

Abb. 5. Foto der Brackethalterung mit Dehnschraube und Biegebalken mit Dehnungsmel3streifen.

einen Verst/irker gemessen und wurden anschlie6end bei den weiteren Kombinationen dieser Ligatur mit den verschiedenen Dr/ihten exakt eingestellt. Analog wurde mit den weiteren Stahlligaturen (0,011, 0,014 Inch Kobayashi) verfahren. Dieses Vorgehen erm6glichte eine systematische Vermessung aller ausgew~ihlten Draht-Stahl-Ligaturkombinationen bei kontinuierlich steigendem Anlagerungsdruck der Ligatur und die Ermittlung eines Vergleichswertes ffir jede Kombination. Die Werte konnten anschlie6end sowohl untereinander als auch mit den Friktionswerten verglichen werden, die ffir die diversen Alasticmodule bestimmt wurden. 9 Urban & Vogel Fortschr.Kieferorthop. 51 (1990), 106-116 (Nr. 2)

Schumacher, Bourauel, Drescher: Ligatur und Friktion Die Messungen aller oben genannten Alasticmodule erfolgten durch einfaches Anlegen der verschiedenen Ligaturen in Kombination mit den verschiedenen Drfihten. Bei der Alastickette (Powerchain) wurden zusfitzlich fiber die Dehnschraube drei verschiedene Dehnungszustfinde simuliert.

Ligatur mit 5,79 N wieder deutlich geringer. Aufgrund der groBen Zahl der Assistentenmessungen d/irfen wir annehmen, dab diese Werte klinische Relevanz besitzen, das heiBt, dab der Behandlungsbogen auch am Patienten mit Krfiften ligiert wird, die in diesen Bereichen liegen.

Ergebnisse 2

Mit den Mittelwerten der Zugkrfifte konnte nun ffir jede Draht-Ligatur-Kombination und mit Hilfe der Regressionsgeraden an die gemessenen Friktionswerte ein Vergleichswert bestimmt werden. Abbildung 8 zeigt die Friktion ffir die ffinf verschiedenen Behandlungsbg-

Abbildung6 zeigt die Ergebnisse der ,,Assistententests". Die Vorversuche zeigten erwartungsgemfi6 stark differierende Friktionswerte sowohl unter den verschiedenen Probanden als auch bei zwei aufeinanderfolgenden Ligaturen ein und desselben Assistenten (z. B. Assistent 2 bei der Ligatur ,,Kobayashi", eine Sfiule entspricht hier dem Mittelwert aus bis zu ffinf Einzelmessungen). Die f~r die unterschiedlich dimensionierten Stahlligaturen ermittelten Schwankungsbereiche liegen ffir den 0,016-Inch-Standardstahlbogen bei:

12 10

8 6

ibis 5 N ffir die 0,010-Inch-Ligatur (blau), 2 bis 8 N ffir die 0,011-Inch-Ligatur (rosa), 3 bis 12 N ffir die 0,014-Inch-Ligatur (Kobayashi). Um eine GegenOberstellung der Parameter Ligatur, Bogenquerschnitt und Drahtsorte zu erm6glichen, wurde jetzt folgendermagen vorgegangen: Ffir die verschiedenen Draht-Ligatur-Kombinationen wurden die oben erl/iuterten systematischen Messungen innerhalb der Schwankungsbereiche der Friktion durchgeffihrt. Die Ergebnisse zeigen die Abbildungen 7a und 7b am Beispiel der 0,010-Inch-Ligatur. Die vier MeBwerte liegen gut auf einer dazu berechneten Regressionsgeraden und zeigen damit, dab wir uns in einem mit steigendem Anlagerungsdruck linearen Bereich der Friktion befinden.

'C [a_ 4

0

Assistentenmessungen

Ligatur:

blau

rosa

kobayashi

Abb. 6. MeBwerte der Friktion, ermittelt in der Kombination unterschiedlich dimensionierter Stahlligaturen mit dem 0,0]6-Inch-Stahldraht. Der unter klinik/ihnlichen Bedingungen erfolgte Ligierungsvorgang erbringt hohe Megwertschwankungen sowohl innerhalb der Assistentengruppe als auch bei zwei aufeinanderfolgenden Ligaturen desselben Behandlers. Ein Balken entspricht dem Mittelwert aus bis zu ffinf Einzelmessungen, die bei zwei Testserien durchgefiihrt wurden.

10--

UNI16 UNI1622

~

8

Ffir jede Ligatur wurden anschliegend die Assistentenmessungen in den Kurvenverlauf des 0,016-Inch-Stahlbogens eingepaBt und aus den dazugehgrigen Zugkrfiften ein Mittelwert der Zugkraft ftir diese Ligatur bestimmt. Dieses Vorgehen zeigt Abbildung7c, wiederum am Beispiel der 0,010-Inch-Ligatur. Mit 4,54 N ist der mittlere Anlagerungsdruck ftir die blaue Stahlligatur nur etwa halb so grog wie ffir die nur geringfiigig grgBer dimensionierte rosa Stahlligatur. (8,09N). Erstaunlicherweise ist der Wert ffir die starke Kobayashi-

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6-

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L~ .~. LL

4-

2

Zugkrcft 2 Die zugehgrigen Berechnungen kgnnen beim Verfasser angefordert werden. 9 Urban & Vogel

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on der L i g o t u r ( b l a u ) [ N ]

Abb. 7a | l1

Schumacher, Bourauel, Drescher." Ligatur und Friktion 8~

10- -

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UNI16

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Messwerte Assistentenfig.

TWF175

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an der L i g a t u r ( b l a u ) [ N ]

Abb. 7b

! '1# Zugkraft

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[The effect of the ligature on the friction between bracket and arch].

The combinations of five different wire materials and six ligatures were analysed with the help of a testing apparatus in order to determine the loss ...
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