Leitthema Bundesgesundheitsbl 2014 · 57:1139–1144 DOI 10.1007/s00103-014-2025-1 Online publiziert: 6. September 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

K.-H. Buchheit · R. Wanko

Die unabhängige Zulassung und Prüfung durch staatliche Kontrollbehörden ist neben der Pharmakovigilanz und der Guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice, GMP) sowie der GMPInspektion von pharmazeutischen Produktionsstätten die Basis für die Sicherstellung von Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität von Arzneimitteln in Europa. Ein wichtiger Teil ist dabei die Überprüfung der Qualität von Arzneimitteln durch die nationalen Kontrolllaboratorien (Official Medicines Control Laboratories, OMCLs). Ihnen obliegt die Kontrolle vor und nach der Zulassung der Arzneimittel. Im Falle bestimmter Gruppen biomedizinischer Arzneimittel (Human- und Veterinärimpfstoffe, Arzneimittel aus Humanplasma) wird die Kontrolle durch die OMCLs nach der Zulassung, jedoch vor der Inverkehrbringung jeder Herstellungscharge ausgeführt.

den kann. Derzeit umfasst das Netzwerk 68 Mitglieder aus 39 Ländern. Die OMCL-Netzwerk-Aktivitäten werden durch den Europarat und die EU Kommission finanziert. Das EDQM ist als technisches Sekretariat für die Koordination verantwortlich (für weitere Ausführungen zum Europarat und zu EDQM s. den Beitrag über das Biological Standardisation Programme im vorliegenden Heft). Eine Beratergruppe aus 8 Mitarbeitern von Kontrolllaboratorien des Netzwerks unterstützt das EDQM bei der Koordination des OMCL-Netzwerks. Die wichtige Rolle der OMCLs auf nationaler und europäischer Ebene bei der Kontrolle von Arzneimitteln ist in den EU-Richtlinien 2004/27/EC (für humanmedizinische Arzneimittel) und 2004/28/ EC (für veterinärmedizinische Arzneimittel) verankert.

Das OMCL-Netzwerk Es liegt auf der Hand, dass die einzelnen OMCLs in Europa mit einem gemeinsamen Arzneimittelmarkt eng zusammenarbeiten müssen. Aus diesem Grund wurde 1994 auf eine Initiative des European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM) in enger Zusammenarbeit mit der Kommission der Europäischen Union (EU) das OMCLNetzwerk gegründet. Dies war der Startschuss für einen kontinuierlichen Prozess der Harmonisierung und der schrittweisen gegenseitigen Anerkennung unabhängiger Arzneimitteluntersuchungsstellen innerhalb Europas. Zum heutigen Zeitpunkt kann konstatiert werden, dass die OMCLs in Europa reibungslos zusammenarbeiten und dass das OMCL-Netzwerk mit Fug und Recht als eine europäische Erfolgsgeschichte bewertet wer-

European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM), Europarat, Strasbourg, Frankreich

Das Netzwerk der Official Medicines Control Laboratories

Die Grundlagen Prinzipien des OMCL-Netzwerks Grundvoraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit der OMCLs und damit die Basis des Netzwerks ist die gegenseitige Anerkennung ihrer Kompetenz, Arbeit und Testergebnisse; ist diese Prämisse nicht erfüllt, kann das Netzwerk nicht funktionieren. Um das zu erreichen, mussten die Qualitätsmanagementsysteme (QMS) der OMCLs harmonisiert werden. Dies war bei der Gründung des OMCL-Netzwerks im Jahr 1994 eine große Herausforderung. Die schrittweise Harmonisierung der QMS wurde seit 1999 auf Basis des ISO-17025-Standards vorangetrieben. Mit dem gleichen Ziel wurde eine beträchtliche Anzahl von QMS-Leitlinien erarbeitet. Diese berücksichtigen die spezifische Aufgabenstellung der OMCLs.

Die Kombination aus ISO-17025-Standard, internen QMS-Leitlinien sowie den Anforderungen des Europäischen Arzneibuchs (European Pharmacopoeia, Ph. Eur.), die für die Netzwerkmitglieder bindend sind, deckt das komplexe Aufgabengebiet der OMCLs hinsichtlich der Qualitätssicherung ab.

Auditsystem des OMCL-Netzwerks Um die Einrichtung, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des QMS innerhalb des OMCL-Netzwerks gemäß ISO 17025, der Netzwerk-internen Leitlinien und der Ph. Eur sowie die Harmonisierung zwischen den OMCLs sicherzustellen, wurden darüber hinaus 2 Instrumente entwickelt, die als Mutual Joint Visit (MJV) und Mutual Joint Audit (MJA) bekannt sind. In beiden Fälle unterziehen Fachleute aus anderen OMCLs des Netzwerks zusammen mit einem Mitarbeiter des EDQM, der als Koordinator und Fachauditor fungiert, das QMS eines OMCLs einer tief greifenden Prüfung. Die MJVs sind als Unterstützung der OMCLs beim Aufbau eines adäquaten QMS in organisatorischen und technischen Belangen konzipiert. Sie dienen der Vorbereitung eines späteren MJA; die eingesetzten Experten des Netzwerks und der EDQM-Koordinator fungieren dabei als Berater. MJAs sind vergleichbar mit Audits, wie sie von offiziellen Akkreditierungsstellen durchgeführt werden. Seit 1999 haben OMCLs die Möglichkeit, sich nach dem MJA-Verfahren auditieren zu lassen, sofern sie bereits ein QMS etabliert haben. Mittlerweile ist das MJA auch ein fester Bestandteil des Aufnahmeverfahrens neuer Netzwerkmitglieder geworden. OMCLs, die bereits Teil des Netzwerks

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Leitthema sind, wird empfohlen, sich mindestens alle 3 bis 4 Jahre einem erneuten Audit zu unterziehen, sofern sie sich nicht für eine nationale Akkreditierung entschieden haben. Innerhalb des OMCL-Netzwerks haben MJA und Akkreditierung den gleichen Stellenwert. In letzter Zeit werden mit Zustimmung der European Co-operation for Accreditation (EA) verstärkt gemeinsame Audits von nationalen Akkreditierungsstellen und einem MJA-Team angeboten, um den OMCLs zu ermöglichen, von den Vorteilen beider Auditsysteme zu profitieren.

Proficiency Testing Scheme (PTS) Ein weiteres Instrument, um die Kompetenz der Netzwerkmitglieder bei der Durchführung ausgewählter Testverfahren zu bewerten, sind PTS-Studien, die seit Ende der 1990er-Jahre vom EDQM für physikochemische und biologische Methoden angeboten werden und auf die Bedürfnisse der OMCLs zugeschnitten sind. Dabei müssen Proben auf spezifische Eigenschaften geprüft werden, wobei das teilnehmende Labor das genaue Ergebnis nicht kennt. Um in diesem Test zu bestehen, darf das erhaltene Ergebnis nicht mehr als zuvor festgelegt vom endgültigen Ergebnis abweichen. Von Laboratorien, die an MJAs oder Audits von Akkreditierungsstellen teilnehmen, wird gefordert, dass sie regelmäßig an PTS-Studien teilnehmen.

Aufgaben der OMCLs und des OMCL-Netzwerks Der nachfolgende Abschnitt fasst die wichtigsten Aufgaben zusammen, die von den einzelnen OMCLs und vom gesamten Netzwerk wahrgenommen werden.

Netzwerkprogramme zur Überwachung von Arzneimitteln auf dem europäischen Markt Gegenwärtig unterscheidet man in Europa 4 Zulassungsverfahren für Arzneimittel: a) die zentrale Zulassung, die für den Bereich der EU und der 3 zur European Economic Area (EEA) gehörenden Länder, Norwegen, Island und Liechtenstein, gilt; b) die Zulassungen über das gegen-

seitige Anerkennungsverfahren und c) die Zulassungen über das dezentrale Verfahren, die beide ebenfalls auf den Bereich der EU/EEA-Mitgliedstaaten beschränkt sind, sowie d) die nationale Zulassung, die sowohl im Bereich der EU/EEA-Staaten als auch für die Staaten Anwendung findet, die nicht zur EU/EEA-Zone gehören. Die Art der koordinierten Überwachung richtet sich nach ihrem jeweiligen Zulassungsverfahren.

Zentral zugelassene Arzneimittel (CAP-Programm)

Die Marktüberwachung zentral zugelassener Produkte (centrally authorised products, CAP) wird seit 1997 vom OMCLNetzwerk in Zusammenarbeit mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) in London und dem EDQM durchgeführt [1]. Dieses Programm wurde durch eine gemeinsame Initiative der Europäischen Kommission, der EMA, des EDQM und des OMCL-Netzwerks ins Leben gerufen und basiert auf der europäischen Verordnung EC 726/2004. Es wird ein jährliches Arbeitsprogramm erstellt, das von den wissenschaftlichen Komitees der EMA (CHMP, CVMP) verabschiedet wird. Alle CAPs werden einer Risikobewertung unterzogen und ggf. ins Testprogramm aufgenommen. Dieses umfasst auch immer einen gewissen Prozentsatz zufällig selektierter Produkte. In begründeten Fällen, z. B. bei einem Arzneimittelzwischenfall, kann ein CAP auch unmittelbar Eingang in ein laufendes Programm finden. Das Jahresprogramm umfasst gegenwärtig etwa 40 bis 45 Produkte, einschließlich biomedizinischer Produkte. Für jedes Produkt auf der Liste werden Proben gezogen und an das EDQM weitergeleitet. EDQM versendet alle Proben und Standards an die testenden OMCLs. Eingereichte Testergebnisse werden anschließend vom EDQM ausgewertet, in einem Bericht zusammengefasst und zur Weiterbearbeitung an die EMA übermittelt. Diese veranlasst nach Rücksprache mit dem Rapporteur/Co­Rapporteur die geeigneten weiteren Schritte. Am CAP-Programm können lediglich OMCLs der EU/EEA-Mitgliedsstaaten teilnehmen. Involvierte OMCLs testen 1 bis 3 Arzneimittel pro Jahr, profitie-

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ren aber durch das Netzwerk von der Prüfung von 40 bis 45 Produkten, da die Prüfergebnisse allen teilnahmeberechtigten OMCLs zur Verfügung gestellt werden. Die Arbeitsweise des CAP-Programms wird von der einmal pro Jahr tagenden Vollversammlung aller teilnahmeberechtigten OMCLs unter Mitwirkung von EDQM und EMA festgelegt. Bei Fragen, die zwischen 2 Vollversammlungen auftreten, kann EDQM als koordinierende Instanz auf die Unterstützung der CAPBeratungsgruppe zurückgreifen, in der OMCLs und EMA vertreten sind.

Arzneimittel, zugelassen durch das gegenseitige Anerkennungsoder das dezentrale Zulassungsverfahren (MRP/DCPMarktüberwachungsprogramm)

Das erste Netzwerkprogramm zur Kontrolle von Arzneimitteln, die durch das europäische gegenseitige Anerkennungsverfahren (Mutual Recognition Procedure, MRP) zugelassen wurden, datiert aus dem Jahr 2001. Mit Beschluss vom Mai 2007 wurden auch Produkte mit dezentraler Zulassung (Decentralised Procedure, DCP) in das Programm aufgenommen. Das MRP/DCP-Überwachungsprogramm der OMCLs umfasst Generika und innovative Produkte. Auch in diesem Fall sind nur OMCLs im EU/EEA-Raum teilnahmeberechtigt. Das EDQM fungiert bei diesem Programm als Koordinator zwischen den nationalen OMCLs. Durch den zentralisierten Informationsaustausch soll verhindert werden, dass einzelne Arzneimittel in mehreren europäischen OMCLs untersucht, andere dagegen überhaupt nicht geprüft werden. Auf diese Weise wird eine Arbeitsteilung erreicht. Über eine gemeinsame Datenbank, die allen teilnahmeberechtigten OMCLs zur Verfügung steht, werden sowohl die geplanten nationalen Programme zur Prüfung von MRP/ DCP-Produkten als auch die Prüfergebnisse ausgetauscht. So werden interessierte OMCLs dazu „animiert“, Proben vom eigenen Markt jenem Kontrolllabor zur Verfügung zu stellen, das, wie vorab festgelegt, die Tests für ein bestimmtes MRP/ DCP-Produkt im Namen aller OMCLs durchführt.

Zusammenfassung · Abstract Die Arbeitsprogramme werden nach dem Prinzip der Risikoabwägung zusammengestellt, um sicherzustellen, dass Arzneimittel mit höherem Risikopotenzial (z. B. solche mit geringer therapeutischer Breite oder für eine große bzw. besonders anfällige Patientengruppe) engmaschiger überwacht werden. In der Summe werden von den teilnehmenden OMCLs pro Jahr etwa 600 bis 800 Arzneimittel geprüft und die Ergebnisse allen OMCLs und Arzneimittelbehörden des EU/EEA-Raums zur Verfügung gestellt. Einzelne, auch sehr große OMCLs, könnten dieses Ergebnis im Alleingang nicht erzielen. Dies ist ein weiterer Beleg für die Vorteile, die die Mitarbeit im OMCL-Netzwerk für alle involvierten Partner bietet. Auch im Falle des MRP/DCP-Programms wird die Vorgehensweise in der Versammlung aller teilnahmeberechtigter OMCLs festgelegt, und – falls notwendig – werden dort auch Korrekturen an der Arbeitsweise beschlossen. Die Vollversammlung, die zweimal jährlich tagt, unterstützt das Sekretariat auch bei auftretenden Fragen zum Prüfprogramm und bietet ein Forum für den wissenschaftlichen Austausch.

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Arzneimittel mit nationaler Zulassung (MSS-Programm)

Abstract Licensing, control and surveillance by competent authorities is the basis for ensuring efficacy, safety and quality of medicines in Europe. The control of the quality of medicines by national control laboratories, known as Official Medicines Control Laboratories (OMCLs) is an essential step in this process; it encompasses controls before and after granting a marketing authorisation. For certain groups of biomedical medicines (vaccines for human and veterinary use, medicines derived from human plasma) even each batch is controlled before it can be placed on the market. As single OMCLs would not be able to cope with their task, given the large number and diversity of medicines, in 1994 the OMCL network was founded upon initiative of the European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare, in close collaboration with the Commission of the European Union. Currently 68 OMCLs from 39 countries are part of the network. Prerequisite for the smooth

Arzneimittel, die nur national vermarktet werden sollen, bzw. ältere Produkte werden in nationalen Verfahren zugelassen. Auch diese Gruppe muss hinsichtlich ihrer Qualität überwacht werden. Dazu existiert bereits seit 1996 ein Überwachungsprogramm, das vom EDQM in Zusammenarbeit mit dem OMCL-Netzwerk durchgeführt wird und das als MarketSurveillance- Studies (MSS)-Programm bekannt ist. Dieses Programm hat den Weg von der isolierten Prüfung in einem OMCL zur gemeinsamen Studie im Netzwerk geebnet und war somit ein wichtiger Meilenstein für die erfolgreiche gemeinsame Marktüberwachung durch das OMCL-Netzwerk. Prinzipiell erfolgt die Teilnahme daran auf freiwilliger Basis und ist nicht auf OMCLs in EU/EEA-Staaten beschränkt. Eine typische Studie umfasst etwa 10 Teilnehmer. Getestet werden kritische Parameter von Produkten mit einem bestimmten Wirkstoff oder aus einer bestimmten

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Das Netzwerk der Official Medicines Control Laboratories Zusammenfassung Basis für die Sicherstellung der Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität von Arzneimitteln in Europa ist die Zulassung, Prüfung und Überwachung durch staatliche Behörden. Die Überprüfung der Qualität durch die nationalen Laboratorien, englisch als Official Medicines Control Laboratories (OMCLs) bezeichnet, ist dabei essenziell und beinhaltet Kontrollen vor und nach der Zulassung der Arzneimittel. Bei bestimmten Gruppen biomedizinischer Arzneimittel (Human- und Veterinärimpfstoffe, Arzneimittel aus Humanplasma) erfolgt die Kontrolle durch die OMCLs sogar vor der Inverkehrbringung jeder Charge. Da einzelne OMCLs im Hinblick auf die Vielzahl von Arzneimitteln ihrer Kontrollfunktion nicht in ausreichendem Maße nachkommen können, wurde 1994 auf Initiative des European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM) in Zusammenarbeit mit der Kommission der Europäischen Union das OMCL-Netzwerk gegründet. Derzeit umfasst das Netzwerk 68 Mitglieder aus 39 Ländern. Voraussetzung für ein funktionierendes OM-

CL-Netzwerk ist die Harmonisierung der Qualitätsmanagementsysteme in den einzelnen OMCLs auf Basis des ISO 17025-Standards, gemeinsamer Leitlinien sowie des Europäischen Arzneibuchs. Durch regelmäßige Audits wird die Einhaltung der Standards überprüft. Dies schafft die Grundlage für die gegenseitige Anerkennung von Testergebnissen. Die Zusammenarbeit im OMCL-Netzwerk bei der Überwachung des Arzneimittelmarktes, der behördlichen Chargenfreigabe und im Kampf gegen Arzneimittelfälschungen und illegale Arzneimittel erlaubt es, mit den Entwicklungen im Arzneimittelsektor Schritt zu halten und die ganze Bandbreite der Arzneimittel zu kontrollieren. Das OMCL-Netzwerk ist in den 20 Jahren seit seiner Gründung zu einer europäischen Erfolgsgeschichte geworden. Schlüsselwörter OMCL · OMCL-Netzwerk · EDQM · Marktüberwachung · Staatliche Chargenfreigabe

The Network of Official Medicines Control Laboratories

Wirkstoffklasse aus den nationalen Märkten der teilnehmenden OMCLs. Auch pflanzliche Arzneimittel oder spezielle Arzneiformen (z. B. Inhalatoren) werden

operation of the OMCL network is the harmonisation of the quality management system of the individual OMCLs, based on the ISO 17025 standard, internal guidelines and the European Pharmacopoeia. Compliance with these standards is checked through regular audits, thus creating the basis for mutual recognition of test results. The collaboration in the OMCL network for the surveillance of the medicines market, the official control authority batch release and the fight against counterfeiting and illegal medicines enables OMCLs to keep pace with the developments in the field of medicines and to control the broad spectrum of medicines. In the 20 years since its start, the OMCL network has become a European success story. Keywords OMCL · OMCL network · EDQM · Market surveillance · Official control authority batch release

in das Programm aufgenommen. In der Regel wird für jedes einzelne Projekt innerhalb des MSS-Programms ein wissenschaftlicher Berater aus den Reihen der

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Leitthema Teilnehmer nominiert, der gemeinsam mit dem EDQM ein Studienprotokoll erarbeitet. Dieses Protokoll, basierend etwa auf einer Arzneibuchmonographie, wird von den Teilnehmern als Standardtestverfahren für die Untersuchungen von Produkten auf ihrem nationalen Markt verwendet. Die Testergebnisse werden beim EDQM gesammelt und statistisch ausgewertet. Letztendlich wird ein Bericht verfasst, der je nach Ergebnis zu Chargenrückrufen, zu Änderungen im nationalen Zulassungsdossier oder aber zu einer Revision der entsprechenden Ph. Eur.-Texte führen kann. Nicht selten haben Ergebnisse von Marktüberwachungsstudien auch mitgeholfen, neue allgemeine Qualitätsstandards für Arzneimittel zu setzen. Seit Beginn dieses Arbeitsprogrammes sind mehr als 2000 Proben in etwa 50 Studien untersucht worden. Die Ergebnisse der einzelnen MSS-Studien werden auf der Jahrestagung aller OMCLs präsentiert. Dort wird ebenfalls das Arbeitsprogramm für die nächste Überwachungskampagne festgelegt. Bei allen zwischen den Jahrestagungen auftretenden Fragen wird die OMCL-Beratergruppe konsultiert.

Chargenfreigabe von Impfstoffen und Produkten aus Humanplasma Human- und Veterinärimpfstoffe sowie Produkte, die aus Humanplasma hergestellt werden, erfordern aus verschiedenen Gründen (Komplexität, Gefahr von Kontamination, Anwendung unter anderem bei gesunden Säuglingen, Kindern und Erwachsenen) eine spezielle Qualitätskontrolle, festgeschrieben in den EURichtlinien [2]. Sie unterliegen deshalb in vielen europäischen Ländern der staatlichen Chargenprüfung (Official Control Authority Batch Release, OCABR), so auch in Deutschland. Allen EU/EEA-Behörden einschließlich der Schweiz, mit der die EU eine gegenseitige Anerkennungsvereinbarung (Mutual Recognition Agreement) unterzeichnet hat, ist es nach den EU-Richtlinien erlaubt, jede einzelne Charge aus diesen Produktgruppen vor der Vermarktung durch die OMCLs auf Konformität mit den zugelassenen Spezifikationen prüfen zu lassen. Die EU-Richtlinien

schreiben weiterhin vor, dass die Untersuchung einer Charge in diesem Zusammenhang nur einmal durchgeführt werden darf und dass die anderen Mitgliedstaaten das Versuchsergebnis (Freigabe oder Sperrung der Charge) anerkennen müssen. Die Schweiz ist an diese Bestimmung durch die Anerkennungsvereinbarung gebunden. Es ist offensichtlich, dass diese gesetzlich vorgeschriebene gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen und behördlicher Chargenfreigabe klarer Regeln bedarf und ein harmonisiertes Netzwerk voraussetzt. Folglich wurde das OCABRNetzwerk für biomedizinische Humanarzneimittel bereits 1994 ins Leben gerufen. Es ist damit die eigentliche Keimzelle für das allgemeine OMCL-Netzwerk. Mitglieder dieses Netzwerks sind heute die 28 EU-Staaten, die 3 anderen EEAStaaten sowie die Schweiz aufgrund ihres Abkommens mit der EU; Kanada hat Beobachterstatus. Das OCABR-Netzwerk legt zusammen mit dem EDQM, dem technischen Sekretariat, die Regeln für die behördliche Chargenfreigabe fest, soweit das nicht durch die EU-Richtlinien erfolgt ist. So werden z. B. die von den OMCLs zu prüfenden Parameter in den OCABR-Richtlinien verbindlich festgelegt (alle OCABRRichtlinien sind auf der EDQM-Webseite frei verfügbar, www.edqm.eu). Während des OCABR-Prozesses dürfen nur diese Prüfungen durchgeführt werden. Weiterhin wird durch Netzwerk-interne Richtlinien festgelegt, wie sich die einzelnen OMCLs zu verhalten haben, wenn es z. B. in den Prüfergebnissen Diskrepanzen zu denen der Hersteller gibt. So wird sichergestellt, dass das OCABR-Netzwerk nach außen als Einheit fungiert. Eine wichtige Aufgabe des OCABRNetzwerks besteht darin, dafür Sorge zu tragen, dass – aus Gründen des Tierschutzes – nur die minimal notwendige Zahl von Versuchstieren eingesetzt wird. Auch diese Aktivität ist kodifiziert, um zu erreichen, dass über dem wichtigen Ziel des Tierschutzes, das primäre Ziel der behördlichen Freigabe, d. h. der Schutz der Bevölkerung vor biomedizinischen Arzneimitteln mit nicht ausreichender Qualität, nicht aus den Augen verloren wird.

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Der Austausch von Informationen zwischen den OMCLs des OCABR-Netzwerks war und ist von essenzieller Bedeutung für die Arbeit der individuellen OMCLs und für den Zusammenhalt des Netzwerks. So wird im Falle der Verweigerung einer Chargenfreigabe oder beim Rückzug einer Charge während des Prüfungsprozesses durch den Hersteller oder bei Auffälligkeiten jedes Netzwerkmitglied sofort durch das prüfende OMCL informiert. Weiterhin wird von jedem OMCL nach Ablauf eines Jahres ein ausführlicher Jahresbericht erstellt und an alle OMCLs des OCABR-Netzwerks verteilt. In der Vergangenheit waren darin alle geprüften Chargen aufgelistet. Diese Liste ist heute durch eine Datenbank ersetzt worden, in der die prüfenden OMCLs zeitnah alle geprüften Chargen zusammen mit dem Gesamtergebnis eintragen. Auf diese Weise können auch solche OMCLs, die nicht aktiv an der Chargenprüfung teilnehmen, sicherstellen, dass auch in ihrem Land nur Chargen mit guter Qualität auf den Markt gebracht werden. Im OCABR-Netzwerk und auch im gesamten OMCL-Netzwerk werden alle Entscheidungen im Konsensverfahren getroffen. Dies geschieht entweder während der jährlich einmal stattfindenden Versammlung aller am Verfahren beteiligter OMCLs oder – sofern zwischen den Jahrestreffen Handlungsbedarf entsteht – auch auf schriftlichem Wege. Eine Beratergruppe aus Vertretern der beteiligten OMCLs unterstützt das EDQM in der Wahrnehmung seiner Aufgaben. In analoger Weise agiert das OCABRNetzwerk für Veterinärimpfstoffe. Allerdings ist dieses Netzwerk jünger; es besteht erst seit 2007. Hier werden nicht alle, sondern nur solche Impfstoffgruppen, die auf einer Positivliste stehen, von OMCLs experimentell untersucht. Beim weitaus größten Teil der Tierimpfstoffe führen die OMCLs nur eine Überprüfung der Chargenfreigabeprotokolle der Hersteller durch. Die überaus positiven Erfahrungen, die man mit den beiden OCABR-Netzwerken gemacht hat, haben in anderen Bereichen den Weg für eine intensivere Zusammenarbeit der OMCLs geebnet und somit den Ausbau des OMCL-Netzwerks beflügelt.

Kampf gegen Arzneimittelfälschungen und andere illegale Arzneimittel Arzneimittelfälschungen sind für Betrüger eine lukrative Einnahmequelle. Weltweit ist eine deutliche Zunahme von Arzneimittelfälschungen zu beobachten. Neben dem ökonomischen Schaden, den diese Fälschungen der Gesellschaft und der pharmazeutischen Industrie beifügen, stellen sie eine ernst zu nehmende Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung dar, wenn sie falsche oder verunreinigte Wirk- oder Hilfsstoffe oder falsche Wirkstoffmengen enthalten; sie führen zu einem Imageverlust des gesamten Arzneimittelsektors. Auch von illegalen Arzneimitteln geht Gefahr für Patienten und Konsumenten aus. Dabei handelt es sich unter anderem um nicht zulassungspflichtige Zubereitungen (z. B. Schlankheitstees, bestimmte Nahrungsergänzungsmittel), denen rezeptpflichtige oder apothekenpflichtige Arzneistoffe zugesetzt werden, die zum Teil gefährliche Nebenwirkungen haben und in nicht-GMP-konformer Weise hergestellt wurden. Diese Zubereitungen werden häufig über das Internet verbreitet. OMCLs untersuchen solche Präparationen entweder routinemäßig oder im Verdachtsfall, und sie initiieren im Falle eines positiven Befundes die notwendigen behördlichen Maßnahmen, um eine weitere Inverkehrbringung zu unterbinden. In den letzten Jahren ist in vielen Mitgliedstaaten die Zusammenarbeit zwischen OMCLs auf der einen Seite und Zoll-, Lebensmittel- und forensischen Laboratorien auf der anderen Seite intensiviert worden. OMCLs tragen wesentlich dazu bei, Fälschungen und illegale Arzneimittel aufzudecken, und unterstützen somit die Untersuchungs- und Strafverfolgungsbehörden. Die Zusammenarbeit der OMCLs in einem europäischen Netzwerk ist beim Kampf gegen Arzneimittelfälschungen und illegale Arzneimittel von Vorteil, da die einzelnen OMCLs dabei von den Erfahrungen anderer OMCLs profitieren können (z. B. durch den direkten Austausch von Informationen). Diesem Zweck dient auch eine Sammlung von abgeschlossenen Fällen (gegenwärtig

sind 1400 Fälle mit Bildern und Untersuchungsergebnissen registriert), die beim EDQM aufgrund der Informationen einzelner OMCLs, nach Wirkungsklassen geordnet, angelegt wurde. Zu dieser Sammlung haben alle OMCLs über ein gesichertes System Zugang. Sie steht den OMCLs seit Kurzem auch in Form einer Datenbank zur Verfügung. Zusammen mit EDQM organisiert das OMCL-Netzwerk darüber hinaus für seine Mitglieder verschiedene Aktivitäten wie Weiterbildungen, Symposien, Arbeitsgruppen und Marktüberwachungsstudien zum Thema „Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen und illegalen Arzneimitteln“.

Zusammenarbeit zur Verbesserung der Qualität von Arzneimitteln Im Gefolge von Marktüberwachungsstudien

Das CAP-Programm ist ein gutes Beispiel für die enge Zusammenarbeit von OMCLs und Zulassungsbehörden. Nicht nur bestätigte Qualitätsmängel, sondern auch regulatorische Beanstandungen (z.  B. Mängel in der Testvorschrift) werden an die EMA berichtet und von ihr weiterverfolgt. Nicht selten kommt es so zu einer Verbesserung des Zulassungsdossiers. So zeigte sich z. B. im Falle eines zentral zugelassenen, rekombinanten Blutgerinnungsfaktors, dass die Testergebnisse der OMCLs von denen des Herstellers signifikant abwichen. Im Zuge einer Ringstudie im OMCL-Netzwerk konnten sowohl methoden- als auch produktbezogene Defizite festgestellt werden. Dies hatte zur Folge, dass entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Testmethoden und der Produktstandardisierung in die Wege geleitet wurden.

Pharmakovigilanzbefunde und Qualitätsdefekte

Die Meldung von Pharmakovigilanzbeobachtungen oder von Arzneimitteldefekten bei der EMA oder den nationalen Arzneimittelbehörden kann eine Reihe behördlicher Maßnahmen auslösen (z. B. Produktrückruf). Über die Produktprüfung durch die OMCLs kann die Aufklärung solcher Fälle vorangebracht und es können gezielte Folgemaßnahmen veranlasst werden. Der Heparinskandal aus dem

Jahr 2008 mit Todesfolgen ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie OMCLs zur Aufklärung der Fälschung und zur Entwicklung selektiver Analysenmethoden beigetragen haben. Die Arbeit der OMCLs hat nicht nur zu kurzfristigen regulatorischen Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene geführt, sondern auch wesentlich zur Verbesserung der entsprechenden Ph. Eur.-Monographien beigetragen.

Unterstützung von GMP-Inspektionen und Zulassungsbehörden In einigen EU-Staaten sind Spezialisten aus OMCLs mittlerweile routinemäßig Mitglieder von GMP-Inspektionsteams. Das Know-how dieser Fachleute wird vor allem zur Beurteilung von Analysemethoden und zu Fragen zur Qualitätskontrolle genutzt. Dies ist im Hinblick auf die zunehmende Komplexität der Analyseverfahren sinnvoll, da sich OMCL-Experten aufgrund ihres Berufsbildes die Nähe zur praxisbezogenen, experimentellen Arbeit bewahrt haben. Beim Zulassungsverfahren von Arzneimitteln, insbesondere von biomedizinischen Arzneimitteln, treten häufig sehr spezifische Fragen zu einzelnen Methoden auf. Zu ihrer Klärung werden daher sehr häufig die OMCL-Mitarbeiter zurate gezogen, die aufgrund ihrer experimentellen Erfahrung detaillierte Kenntnis von Methoden haben. Seltener kommt es dazu, dass solche Fragen von den OMCLs experimentell abgeklärt werden, da der Zulassungsprozess unter rigiden Zeitvorgaben abläuft. Durch intensivere Nutzung dieser OMCL-Ressource könnte gerade bei komplexen Arzneimitteln die Qualität der zugelassenen Arzneimittel und des Zulassungsdossiers profitieren.

Zukünftige Entwicklungen Die Arbeit der OMCLs zur Sicherstellung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln, insbesondere solcher biomedizinische Art, ist essenziell. Im Hinblick auf die zunehmende Komplexität gerade dieser Gruppe von Arzneimitteln (z. B. in der Gen- und Zelltherapie), ist zu erwarten, dass die behördliche Kon-

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Leitthema trolle, die durch die OMCLs beigesteuert wird, auch in Zukunft – und sogar in einem verstärkten Ausmaß – benötigt wird. Dies bedeutet, dass sich einzelne OMCLs auf bestimmte Arbeitsgebiete spezialisieren müssen, um mit dem technischen und wissenschaftlichen Fortschritt Schritt halten zu können. Folge davon wird wiederum sein, dass die einzelnen OMCLs noch intensiver zusammenarbeiten müssen, was nur innerhalb eines starken, wohlorganisierten und zukunftsorientieren OMCL-Netzwerks möglich sein wird. Es ist also damit zu rechnen, dass das OMCL-Netzwerk weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Einhaltung ethischer Richtlinien  Interessenkonflikt.  K.H. Buchheit und R. Wanko geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Bei allen im Beitrag beschriebenen Projekten wurden die nationalen Richtlinien zur Haltung und zum Umgang mit Labortieren eingehalten und die notwendigen Zustimmungen der zuständigen Behörden lagen den Studienteilnehmern vor.

Literatur 1. Paulsen-Sörman U, Wanko R, Spieser JM (2000) Market surveillance of centrally-authorised products. Regul Aff J 11:409–413 2. Milne C, Buchheit KH, Spieser JM (2002) The EU/ EEA network for official control authority batch release of biologicals for human use. Regul Aff J 13:477–483

Fazit OMCLs spielen zusammen mit den Zulassungsinstanzen, Arzneimittelsicherheitsüberwachungsstellen und den GMP-Inspektoraten eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Arzneimittelsektors. Sie tragen wesentlich zur Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln bei. Die Bildung eines Netzwerks von OMCLs, die alle auf Basis der Ph. Eur. sowie angeglichener Qualitätsstandards arbeiten, ist hier von herausragender Bedeutung. Nur die Arbeitsteilung und Spezialisierung der Mitglieder dieses Netzwerks erlauben eine flächendeckende Kontrolle des Arzneimittelmarktes. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass auch kleine Länder, die nur über geringe Ressourcen verfügen, in den Genuss einer adäquaten Marktüberwachung gelangen. Ohne das OMCL-Netzwerk müssten solche Länder vor der Vielzahl an Arzneimitteln und der Komplexität des Marktes kapitulieren. Durch Nutzung von Synergien, die ein solches Netzwerk schafft, ist es möglich, die begrenzten nationalen Mittel sinnvoll einzusetzen, zum Wohl von Mensch und Tier.

Korrespondenzadresse Dr. K.-H. Buchheit European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM) Europarat, 7 allée Kastner, CS30026 67081 Strasbourg [email protected]

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[The network of official medicines control laboratories].

Licensing, control and surveillance by competent authorities is the basis for ensuring efficacy, safety and quality of medicines in Europe. The contro...
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