© Klaus Rüschhoff, Springer Medizin

Internist 2015 DOI 10.1007/s00108-015-3667-2 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

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springermedizin.de/ eAkademie Teilnahmemöglichkeiten Diese Fortbildungseinheit steht Ihnen als e.CME und e.Tutorial in der Springer Medizin e.Akademie zur Verfügung. – e.CME: kostenfreie Teilnahme im Rahmen des jeweiligen Zeitschriftenabonnements – e.Tutorial: Teilnahme im Rahmen des e.Med-Abonnements

Zertifizierung

CME Zertifizierte Fortbildung M.D. Schneider · B. Kronenberger · S. Zeuzem · C. Sarrazin Zentrum der Inneren Medizin, Medizinische Klinik I, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt

Diese Fortbildungseinheit ist mit 3 CMEPunkten zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärztekammern anerkennungsfähig.

Therapie der Hepatitis C

Hinweis für Leser aus Österreich und der Schweiz

Zusammenfassung

Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) der Österreichischen Ärztekammer werden die in der e.Akademie erworbenen CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt. Der Internist ist zudem durch die Schweizerische Gesellschaft für Innere Medizin mit 0,5 Credits pro Modul anerkannt.

Kontakt und weitere Informationen Springer-Verlag GmbH Springer Medizin Kundenservice Tel. 0800 77 80 777 E-Mail: [email protected]

Die chronische Hepatitis-C-Virus(HCV)-Infektion ist die Hauptursache der Leberzirrhose, des hepatozellulären Karzinoms und der Lebertransplantation. Die Therapie unterliegt einer rasanten Entwicklung. Neue direkt antiviral wirksame Substanzen haben die Effektivität gegenüber der zuvor verfügbaren Therapie mit pegyliertem Interferon und Ribavirin bei zugleich geringeren Nebenwirkungen deutlich verbessert. Mit den neuen Regimen lassen sich je nach Genotyp, Fibrosestadium und Vortherapie mehr als 90% der Patienten heilen. Die Therapie der HCV ist meist interferonfrei und dauert 12 oder 24 Wochen, in ausgewählten Fällen nur 8 Wochen. Für die Behandlung des HCV-Genotyps 1 ist zum einen die Kombination des Polymeraseinhibitors Sofosbuvir mit dem Proteasehemmer Simeprevir oder den NS5A-Inhibitoren Daclatasvir bzw. Ledipasvir verfügbar, zum anderen die Dreierkombination von Paritaprevir, Ombitasvir und Dasabuvir. In besonderen Fällen kann die zusätzliche Gabe von Ribavirin erforderlich sein.

Schlüsselwörter

Hepatitis-C-Virus · Direkt antiviral wirksame Substanzen · Leberzirrhose · Interferonfreie Therapie · Ribavirin

Der Internist 2015  | 

1

CME

Lernziele Der Beitrag gibt eine Übersicht zur aktuellen Therapie der chronischen Hepatitis C. Nach der Lektüre F kennen Sie die Eigenschaften und Klassen der neuen direkt antiviral wirksamen Substanzen. F verstehen Sie die Prinzipien moderner, interferonfreier Therapiekombinationen. F sind Sie bezüglich der Effektivität einzelner Therapiekombinationen auf dem aktuellen Stand. F sind Sie mit der Problematik der Indikationsstellung einer Hepatitis-C-Virus-Therapie und den Therapiekosten vertraut.

Einleitung

Die HCV-Infektion gilt als Hauptursache einer Leberzirrhose und eines hepatozellulären Karzinoms

Die Primärinfektion verläuft in der Mehrzahl der Fälle unspezifisch Als Screeningtests stehen verschiedene Anti-HCV-IgG-Antikörpertestungen zur Verfügung

Aktuellen Schätzungen zufolge sind weltweit mehr als 185 Mio. Menschen mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV), einem RNA-Virus aus der Familie der Flaviviridae, infiziert [1]. In der Regel handelt es sich um eine chronische Infektion. Diese gilt als Hauptursache einer Leberzirrhose und eines hepatozellulären Karzinoms (HCC). Etwa 10–20% der Infizierten entwickeln innerhalb von 20 Jahren eine Leberzirrhose. Diese Patienten wiederum haben ein jährliches Risiko von 1–5%, an einem HCC zu erkranken [2]. Komplikationen der Leberzirrhose sind u. a. eine hydropische Dekompensation, Ösophagusvarizenblutungen und eine hepatische Enzephalopathie. Auch bei Patienten ohne Leberzirrhose ist die Symptomatik bedeutsam: So zeigen sich häufig Allgemeinsymptome im Sinne einer Fatigue oder auch spezifische extrahepatische Manifestationen wie die membranproliferative Glomerulonephritis, lymphoproliferative Erkrankungen, Kryoglobulinämie oder eine Insulinresistenz. Die Primärinfektion verläuft in der Mehrzahl der Fälle unspezifisch. Spontane Ausheilungen werden meist nur bei symptomatischen Infektionen, sog. akuten HCV-Infektionen, beobachtet. Entsprechend wird die Infektion in der Regel erst in der chronischen Phase nachgewiesen. Als Screeningtests stehen verschiedene Anti-HCV-IgG-Antikörpertestungen zur Verfügung. Die Bestimmung der HCV-RNA mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion dient einerseits der Bestätigung, andererseits zeigt sie die Höhe der Virämie an. Die Therapie der HCV-Infektion erfährt derzeit einen rasanten Wandel. Noch bis 2011 bestand die langjährige Standardtherapie in der Gabe von pegyliertem Interferon und Ribavirin über 24–72 Wochen. Die Chancen auf eine dauerhafte Viruselimination [“sustained virologic response“ (SVR)] waren mäßig und die Nebenwirkungsraten hoch. Dann revolutionierten die direkt antiviral wirksamen Substanzen die Behandlung (. Tab. 1).

Treatment of hepatitis C Abstract

Chronic hepatitis C virus (HCV) infection is the major cause of liver cirrhosis, hepatocellular carcinoma and liver transplantation in the western world. The development and approval of nine directly acting antiviral drugs in recent years has led to a dramatic improvement in therapeutic efficacy accompanied by fewer side effects. With current treatment options sustained virologic response in more than 90 % of patients can be achieved depending on HCV genotype, liver cirrhosis and prior therapies. Modern HCV treatment regimens are interferon-free and should be administered for 12–24 weeks. Shorter courses are possible in selected patients. For the treatment of HCV genotype 1 infection combinations of either the nucleotide polymerase inhibitor sofosbuvir with the protease inhibitor simeprevir or with one of the two NS5A inhibitors daclatasvir or ledipasvir on the one hand or triple DAA therapy of paritaprevir, ombitasvir and dasabuvir on the other hand are applicable. Ribavirin has still a role as an add-on in difficult to treat patients.

Keywords

Hepatitis C virus · Direct-acting antiviral agents · Liver cirrhosis · Interferon-free therapy · Ribavirin

2 | 

Der Internist 2015

CME Tab. 1  Antivirale Substanzen zur Therapie der Hepatitis C Substanz

Dosierung

Pegyliertes Interferon alfa-2a/b

180 bzw. 1,5 µg/kg/Woche 800–1200 mg/ Tag

Ribavirin

Substanzklasse Interferon-α

Genotypena 1–6

Resistenzbarriere Hoch

Antivirale Aktivität Sehr variabel

Besonderheiten

Unklar

1–6

Hoch

Niedrig

NS3/4A-Inhibitor NS3/4A-Inhibitor

1, 4

Niedrig

Hoch

Dosierung abhängig vom Körpergewicht  

1, 4

Niedrig

Hoch

NS5A-Inhibitor NS5A-Inhibitor

1–4

Niedrig

Hoch

1, 3, 4, 6

Niedrig

Hoch



Simeprevir

150 mg/Tag

Paritaprevir/Ritonavir

150/100 mg/ Tag

Daclatasvir

60 mg/Tag

Ledipasvir

90 mg/Tag

Ombitasvir

25 mg/Tag

NS5A-Inhibitor

1, 4

Niedrig

Hoch

Dasabuvir

2-mal täglich 250 mg

1

Niedrig

Hoch

Sofosbuvir

400 mg/Tag

Nichtnukleosidischer NS5BInhibitor Nukleotidischer NS5BInhibitor

Fixe Kombination mit Sofosbuvir Fixe Kombination mit Paritaprevir/Ritonavir  

1–6

Hoch

Hoch



Ritonavir-geboostet, fixe Kombination mit Ombitasvir  

a Auf der Grundlage vorliegender klinischer Studien.

Tab. 2  Therapiekosten einzelner Regime nach Roter Liste sowie nach aktualisierten Herstellerangaben

(Stand 02/2015) Therapieregime Sofosbuvir + Ribavirina Sofosbuvir + Simeprevir Sofosbuvir + Daclatasvir ± Ribavirina Sofosbuvir + Daclatasvir ± Ribavirina Sofosbuvir + Ledipasvir Sofosbuvir + Ledipasvir ± Ribavirina Sofosbuvir + Ledipasvir ± Ribavirina Paritaprevir/Ritonavir + Ombitasvir + Dasabuvir ± Ribavirina Paritaprevir/Ritonavir + Ombitasvir + Dasabuvir + Ribavirina

Therapiedauer (Wochen) 12 12 12 24 8 12 24 12 24

Gesamtkosten (Euro) 55.875,24 81.645,12 93.542,13±2308,71 187.084,26±4617,42 44.521,76 66.782,64±2308,71 133.565,28±4617,42 55.950,00±2308,71 116.517,42

a Kosten für Ribavirin bei einem Patienten mit >75 kg Körpergewicht.

Das HCV-Genom codiert für Strukturproteine (Kernprotein C, Hüllproteine E1 und 2, Membranprotein p7) und sog. nicht-strukturbildende (NS) Proteine (NS2, NS3, NS4A, NS4B, NS5A und NS5B). Letztere sind an verschiedenen Schritten der Virusreplikation beteiligt. Telaprevir und Boceprevir, die ersten Inhibitoren der  NS3/4A-Protease, zeigten zwar einen deutlichen Anstieg der Heilungsraten in Kombination mit pegyliertem Interferon und Ribavirin und verkürzten in vielen Fällen die Therapie, sie sind jedoch mit relevanten Medikamenteninteraktionen und Nebenwirkungen behaftet und nur beim HCV-Genotyp 1 wirksam. In der Folge wurden sie 2014 von der zweiten Generation direkt antiviraler Substanzen abgelöst. Diese ermöglichen erstmals interferonfreie Kombinationstherapien bei weiter reduzierter Therapiedauer und höherer Effektivität. Neben zusätzlichen Inhibitoren der HCV-Protease haben sich auch weitere nicht-strukturbildende Proteine des HCV wie die  NS5B-Polymerase und das  NS5A-Protein als effektive Zielstrukturen erwiesen.

Telaprevir und Boceprevir wurden 2014 von der zweiten Generation direkt antiviraler Substanzen abgelöst Der Internist 2015 

| 3

CME keine Zirrhose

Therapieoptionen beim HCV Genotyp 1 TN

Vortherapie Beschluss G-BA Therapiekombination

Dauer (Wochen)

TN

TE

8 12 12 24 12 12 24 24 12 12 24

o o o o o o o x x

o o o o o o o x x

++ + (+) x o

(+)/(keine Zirrhose/Zirrhose)

Anhalt für beträchtlichen Zusatznutzen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen Zusatznutzen nicht belegt nicht bewertet Bewertung ausstehend

TN

TE

TVR/BOC

P/R

SOF + LDV SOF + LDV SOF + LDV + R SOF + LDV ± R PTV/r + OMV + DSV PTV/r + OMV + DSV + R PTV/r + OMV + DSV + R SOF + R SOF + SMV ± R SOF + DCV ± R SOF + DCV ± R

kompensierte Zirrhose

TE

TVR/BOC

P/R

*

1b 1a

1b 1a

1b 1a

1a/b 1a**

1a/b 1a**

1a/b 1a**

-

Kombination empfohlen Kombination möglich Kombination im Einzelfall zu erwägen Kombination nicht empfohlen

Abb. 1 8 Empfehlungen zur Kombinationstherapie des Hepatitis-C-Virus-Genotyp 1. *Empfohlen bei Frauen oder bei HCV-RNA-Werten

[Treatment of hepatitis C].

Chronic hepatitis C virus (HCV) infection is the major cause of liver cirrhosis, hepatocellular carcinoma and liver transplantation in the western wor...
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