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TSH-Referenzbereich bei süddeutschen Erwachsenen: Ergebnisse aus der bevölkerungsbasierten KORA F4-Studie TSH-reference range of adults: results from the population-based study KORA F4

Autoren

K. Burkhardt1,2 T. Ittermann3 M. Heier1,2 I. Kirchberger1,2 H. Völzke3 H. Wallaschofski4 H. Below5 M. Nauck4 C. Meisinger1,2

Institut

1 KORA-Herzinfarktregister, Klinikum Augsburg 2 Helmholtz Zentrum München

Institut für Epidemiologie II, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), München

3 Institut für Community Medicine, Universität Greifswald 4 Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Universitätsmedizin Greifswald 5 Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Universität Greifswald

Hintergrund und Fragestellung: Einen deutschlandweit gültigen Referenzwert für das Thyreoideastimulierende Hormon (TSH) in der erwachsenen Bevölkerung gibt es aufgrund der unterschiedlichen Jodversorgung und der unterschiedlichen Messplattformen nicht, jedoch wurden Referenzwerte für einzelne Regionen Deutschlands methodenspezifisch definiert. Ziel dieser Studie war, einen Referenzbereich für die süddeutsche Bevölkerung zu finden und diesen mit den Ergebnissen aus anderen Bevölkerungsstudien zu vergleichen. Patienten und Methodik: 3080 Probanden aus der KORA-F4-Studie im Alter zwischen 32 und 81 Jahren wurden bezüglich ihrer Schilddrüsencharakteristika anamnestisch, sonographisch und laborchemisch untersucht. Nach dem Ausschluss von Probanden mit bekannten sowie in dieser Studie neu entdeckten Schilddrüsener-

krankungen, standen 710 schilddrüsengesunde Probanden für die Ermittlung des TSH-, fT3 und fT4-Referenzbereiches zur Verfügung. Ergebnisse: Für die schilddrüsengesunden Männer und Frauen ergab sich ein TSH-Referenzbereich von 0,52–3,60 mlU/l für Siemens Vista-Geräte mit einem Median von 1,49 mIU/l. Ein statistisch signifikanter Einfluss des Alters oder Geschlechts konnte nicht festgestellt werden. Der Median der Jodausscheidung im Urin bezogen auf Kreatinin betrug in der schilddrüsengesunden KORA-Bevölkerung 118,6 μg/g, und lag damit oberhalb des empfohlenen Zielwertes von 100 μg/g. Folgerungen: Der TSH-Referenzbereich liegt in der schilddrüsengesunden süddeutschen Bevölkerung höher als der vor 10 Jahren für Nordostdeutschland etablierte. Für die Festlegung eines TSH-Referenzbereiches sind bevölkerungs- und gerätespezifische Untersuchungen unerlässlich.

Allgemeinmedizin, Endokrinologie, Epidemiologie, Labormedizin Originalarbeit | Original article

Schlüsselwörter Schilddrüsenhormone Referenzbereich KORA TSH SHIP fT3 fT4

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Keywords thyroid hormones reference range KORA TSH SHIP

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Einleitung ▼ Als Screening-Parameter zur Beurteilung der Schilddrüsenfunktion hat sich das Thyreoideastimulierende Hormon (TSH) etabliert [2]. Hierzu ist ein zuverlässig gesicherter Referenzbereich für die zur Diagnostik heranzuziehenden Schilddrüsenparameter erforderlich. Unterschiedliche Testanbieter zur Messung des TSH-Wertes liefern unterschiedliche Messergebnisse aus derselben Serumprobe, die um bis zu 35 % differieren können [18]. Deshalb richten sich viele Labore bei der Festlegung des TSH-Referenzbereiches nach den Test-Herstellerangaben. TSH-Referenzwerte aus Regionen mit unterschiedlichem Jodversorgungsstatus können nicht übertragen werden, da die Verteilung der TSH-Werte und damit die Referenzbereiche entscheidend von der Jodversorgung einer Bevölkerung beeinflusst werden [13]. n

Einen fundierten TSH-Referenzbereich für den nordöstlichen Teil der deutschen Bevölkerung lieferte die Study of Health in Pomerania (SHIP)Studie aus Nordostdeutschland. Probanden mit sonographischen Schilddrüsenveränderungen (Vergrößerung, inhomogene Struktur, hypoechogene Struktur, Knoten), Schilddrüsenmedikation oder mit Schilddrüsen-Autoantikörpern wurden zur Ermittlung dieses Referenzbereiches entsprechend den Leitlinien der National Academy of Clinical Biochemistry (NACB) 2003 ausgeschlossen [2]. Als ermittelter Referenzbereich ergab sich 0,25–2,12 mIU/l (gemessen an der Byk Sangtec Diagnostica GmbH, Frankfurt) [25]. Die Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern verfügt, bedingt durch seine Nähe zum Meer, über eine höhere natürliche Jodversorgung als die

eingereicht 25.01.2013 akzeptiert 02.10.2013 Bibliografie DOI 10.1055/s-0033-1360046 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 0:317–322 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Dr. med. Katrin Burkhardt Klinikum Augsburg, MONICA/ KORA Herzinfarktregister Stenglinstr. 2 86156 Augsburg Tel. 0821/56990-1086 Fax 0821/400-2838 eMail Katrin.Burkhardt@ helmholtz-muenchen.de

Korrekturexemplar: Veröffentlichung (auch online), Vervielfältigung oder Weitergabe nicht erlaubt! n

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Zusammenfassung ▼

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F4-KORA-Studie 2006/08 (n = 3080) Alter: 32 bis 81 Jahre Ausschluss durch Anamnese: Bekannte Schilddrüsenerkrankungen, Radiojodtherapie oder Schilddrüsenmedikation (764 Probanden, 570 davon Frauen)

Verbleiben 2316 Probanden (davon 1024 Frauen) Ausschluss durch Diagnostik in KORA: Struma (n = 736), inhomogenes Schilddrüsenmuster (n = 929), hypoechogenes Schilddrüsenmuster (n = 178), mindestens 1 Schilddrüsenknoten (n = 1382), positive TPO-AK (n = 58)

Verbleiben 725 Gesunde (davon 285 Frauen) Ausschluss von 3 Schwangeren und 12 Probanden ohne TSH-Werte

TSH-ReferenzbereichStudienpopulation: 710 Probanden, davon 278 Frauen

Abb. 1 Auswahl der Studienpopulation.

dizin Greifswald geplant und durchgeführt. Für das standardisierte persönliche Interview und die Untersuchung wurde geschultes, zertifiziertes Personal eingesetzt. Die Medikation wurde mit einem Medikamenten-Online-Programm erfasst (IDOM) und nach dem Anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem (ATC) codiert.

Schilddrüsenultraschall Die Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse in der F4-Studie wurde in den ersten drei Monaten mit einem Sonoline-G50-Gerät (Siemens), in den folgenden Monaten mit einem ACUSONX300-Gerät (Siemens) durchgeführt. Der Wechsel wurde durch Vergleichsmessungen an Schilddrüsen-Volumen und Phantomen überprüft und ergab keinen Unterschied. Als Schallkopf wurde jeweils eine 5 MHz–Linearsonde verwendet. Das Schilddrüsenvolumen wurde aus Länge × Höhe × Breite × 0,479 (ml) aus beiden Schilddrüsenlappen errechnet. Eine Struma wurde bei Frauen ab einem Schilddrüsenvolumen von > 18 ml angenommen, bei Männern > 25 ml [8]. Knotige Veränderungen der Schilddrüse von > 10 mm wurden als Knoten gewertet [26].

Labormethoden süddeutsche Bevölkerung; außerdem wurde die Jodsupplementierung in der damaligen DDR früher eingeführt als in Westdeutschland, die initiale SHIP-Studie wurde zwischen 1997 und 2001 durchgeführt [7, 17]. An der Universität Leipzig wurde im Jahr 2005 ebenfalls ein TSH-Referenzbereich an 453 schilddrüsengesunden Blutspendern ermittelt, der mit 0,40–3,77 mIU/l (ELECSYS System Assays, Roche Diagnostics) festgelegt wurde. Ziel dieser Studie war es, im Rahmen der KORA(Kooperative-Gesundheitsforschung-in-der-Region-Augsburg)-F4-Studie den TSHReferenzbereich und die Referenzbereiche für die peripheren Schilddrüsenhormone freies Trijodthyronin (fT3) und freies Levothyroxin (fT4) innerhalb einer süddeutschen Population (Bevölkerung in der Region Augsburg) zu bestimmen.

Methodik ▼ Die Studienpopulation In der bevölkerungsbasierten KORA-F4-Studie wurden 3080 Teilnehmer im Alter zwischen 32–81 Jahren aus der Studienregion Augsburg in den Jahren 2006–2008 untersucht [16]. Von dieser Studie wurden 764 Probanden (24,8 %) aufgrund ihrer Schilddrüsen-Vormedikation, wegen bekannter Schilddrüsenerkrankungen oder Schwangerschaft (n = 3) ausgeschlossen. Des Weiteren wurden insgesamt 1591 Probanden (68,7 %) mit in der Studie erstmals festgestellten positiven Schilddrüsen-Autoantikörpern, einer Schilddrüsenvergrößerung, Schilddrüsenknoten, sonographisch inhomogenem oder hypoechogenem Schilddrüsenmuster von den Analysen ausgeschlossen (n = 739 Frauen). Für die Ermittlung des Referenzbereiches verblieben somit 722 Probanden. Bei weiteren 12 Probanden lagen keine TSH-Werte vor, so dass 710 schilddrüsengesunde Probanden (davon 278 Frauen) zur Ermittlung der Referenzbereiche zur Verfügung standen (q Abb. 1). Die Probanden gaben ihre schriftliche Einverständniserklärung. Das Studiendesign wurde von der Ethik-Kommission der Bayerischen Landesärztekammer geprüft und genehmigt. Alle Datenerhebungen wurden in enger Kooperation mit der Universitätsme-

Die Blutentnahme erfolgte am mindestens 10 Std. nüchternen Studienteilnehmer zwischen 7.30 und 10.30 Uhr in sitzender Position; das Vollblut wurde 30 min. nach Blutentnahme zentrifugiert und als Serum am gleichen Tag tiefgefroren. TSH wurde auf Vista-Geräten (Siemens) gemessen. Die funktionale Sensitivität des TSH-Assays betrug 0,005 mIU/l; der TSH-Messbereich 0,005–100 mIU/l; die inter-AssayVariationskoeffizienten (VK) 2,04 % bzw. 2,2 % und der Referenzbereich des Herstellers 0,358–3,74 mIU/l. Die fT3- und fT4-Werte wurden ebenfalls auf Vista-Geräten ermittelt, die inter-Assay-VK für fT3 lagen bei 7,63 % bzw. 3,1 % und 2,31 %, für fT4: 7,23 %, bzw. 3,89 % oder 2,08 % (je nach Level der Kontrollprobe). Die Serum-Autoantikörper gegen Thyreoperoxidase (TPO-AAK) wurden mit einem Enzym-Immunoassay gemessen (funktionale Sensitivität 1 IU/ml; Referenzbereich des Herstellers 

[TSH-reference range of adults: results from the population-based study KORA F4].

There is no valid nationwide reference value for Thyroid-stimulating hormone (TSH) for German adults because of different iodine supply and different ...
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