Geschichte der DDG DOI: 10.1111/ddg.12476

Die Dermatologie im Nationalsozialismus Die Gleichschaltung der Ärzte im Nationalsozialismus begann 1933 mit der Entfernung von Juden und Marxisten aus Vorständen und Ausschüssen. Nach den Nürnberger Gesetzen 1935 und der vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz erlosch 1938 die Approbation der jüdischen Ärzte – ein Umstand, der auch die Dermatologie hart traf, die einen hohen Anteil an jüdischen Ärzten aufzuweisen hatte (ca. 25 %), insbesondere in Großstädten [1] und vor allem auch im niedergelassenen Bereich [2]. Viele Direktoren der Hautkliniken wurden aufgrund ihrer „falschen“ Gesinnung von den Nationalsozialisten ausgetauscht (meist durch Zwangsemeritierung). In den Jahren 1933 bis 1936 wurden 15 der 23 Direktorenposten neu besetzt. Unter diesen 15 Neubesetzungen waren 12 Direktoren Mitglieder der NSDAP, einige vertraten die nationalsozialistische Gesinnung mit klarer Überzeugung [2]. Siebenundfünfzig jüdische Dermatologen starben im Konzentrationslager [1], die zwei bekanntesten KZ-Opfer waren Karl Herxheimer und Abraham Buschke. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) wurde 1933 ebenso umgebaut. Der bisherige Vorstand, der unter anderem aus so namhaften Vertretern wie Jadassohn und Pinkus bestand, musste zurücktreten. Neuer Vorsitzender wurde Karl Zieler (Würzburg), sein Stellvertreter Bodo Spiethoff (Jena). Zieler traf mit nationalistisch-konservativer Grundhaltung Entscheidungen im Sinne der NSDAP. 1939 fand nach dem Anschluss Österreichs die erste Großdeutsche Tagung der DDG in Breslau unter Leitung von Zieler und Gottron (Geschäftsführer der DDG) statt. Zieler beging 1945 Selbstmord [2]. Auch die dermatologischen Zeitschriften erfuhren einen Umbruch. Teilweise wurden jüdische Dermatologen ausgeschlossen und insbesondere jüdische Herausgeber nicht mehr genannt (Archiv für Dermatologie und Syphilis, Dermatologische Wochenschrift). Zum anderen wurden auch Zeitschriften eingestellt, so zum Beispiel die Dermatologische Zeitschrift unter dem jüdischstämmigen Verleger Karper [2]. Die wissenschaftlichen Arbeiten in der deutschen Dermatologie nahmen von 1933 bis 1945 kontinuierlich ab. Durch die nationalsozialistische Gesundheitspolitik kam es zu einer Verquickung von Schulmedizin mit Naturheilkunde. Diese „Neue Deutsche Heilkunde“ fand Eingang in die klinischen Tätigkeiten (Diätempfehlungen, Aderlass, Blutegeltherapie). Unter den Dermatologen, die indirekt oder direkt an Menschenversuchen beteiligt waren, sind Josef Vonkennel, Leipzig, und Herta Oberheuser, Düsseldorf, zu nennen [3]. Hauptsäch-

lich waren sie an Versuchen mit Sulfonamiden beteiligt. Bekennenden Widerstand gegen das nationalsozialistische Vorgehen fand man selten. Zu erwähnen sind hier in erster Linie Leo Ritter von Zumbusch, München, sowie Otto Schlein, Magdeburg [2]. Nach Kriegsende konnten immer noch einige der berufenen Direktoren im Amt bleiben, andere wurden entlassen [3]. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Dermatologie, die einen hohen Anteil an Juden unter ihren Ärzten aufzuweisen hatte, in der Zeit des Nationalsozialismus einen gravierenden Einschnitt erleben musste. Die drei prägenden Zentren dieser Zeit (Breslau, Berlin, Hamburg) wurden allesamt vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten von jüdischen Dermatologen aufgebaut (Neisser, Lesser, Unna) [1]. Neben Neubesetzungen von Direktorenposten der Hautkliniken kam es zu einer fast vollständigen Entfernung der jüdischen Hautärzte, teilweise auch der nicht gesinnungstreuen Dermatologen. Darunter litten auch die Fachgesellschaften, die wissenschaftlichen Zeitschriften beziehungsweise die wissenschaftlichen Arbeiten im Gesamten. Den meisten jüdischen Dermatologen gelang die Emigration, vor allem in die USA, einige überlebten in Deutschland im Untergrund, einige überstanden auch das Konzentrationslager. Siebenundfünfzig jüdische Dermatologen kamen in den Konzentrationslagern um, zudem begingen wenige Dermatologen Suizid [3]. Martin Lorenz Korrespondenzanschrift Dr. med. Martin Lorenz Dermatologische Gemeinschaftspraxis am Stadtpark Steinmetzstraße 3 67655 Kaiserslautern E-Mail: [email protected]

Literatur 1

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Eppinger S. Das Schicksal der jüdischen Dermatologen Deutschlands in der Zeit des Nationalsozialismus, Mabuse Verlag, Frankfurt/M., 2001: 273–87. Scholz A, Holubar K, Burg G (Hrsg.). Geschichte der deutschsprachigen Dermatologie, Wiley-VCH Verlag, Freiburg, 2009: 96–137. Elsner P, Zwiener U (Hrsg.). Medizin im Nationalsozialismus am Beispiel der Dermatologie. Collegium Europaeum Jenense, 1. Auflage, Palm und Enke Verlag, Erlangen, 2002: 43–65.

© 2014 Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Published by John Wiley & Sons Ltd. | JDDG | 1610-0379/2014/12 (Suppl. 4), 1–72

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