PRAXIS

Leserbrief

Praxis 2014; 103 (6): 3 0 4 - 3 0 4

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Fehlt die Evidenz über die Wirksamkeit einer Therapie - steht die Sicherheit im Vordergrund Leserbrief zum Kommentar zum Mini-Review «BMJ Uncertainties: Ist es jemals gerechtfertigt, ein offenes Foramen ovale zu verschliessen, um einen ischämischen Schlaganfall zu verhindern?» in PRAXIS 2014; 103 (2): 165-170

Zur ausgezeichneten Übersetzung des Artikels aus dem BMI «Ist es jemals gerechtfertigt, ein offenes Foramen ovale zu verschliessen, um einen ischämischen SchlaganfaU zu verhindern?» wurde in der PRAXIS ein Kommentar von Prof. Dr. med. Bernhard Meier, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Kardiologie, Inselspital Bern, veröffentlicht [ 1 ], dessen Aussagen wir hinterfragen. Der Kommentator scheint seine nichtrandomisierte Studie höher zu werten, als die bisher beste Evidenz dreier randomisierter Studien, die von den Autoren des Hauptartikels kompetent und kritisch beleuchtet wurden. Auf der Website des Inselspitals legt er seine kleine, ebenfalls negative und randomisierte PCStudie sogar weiterhin wie folgt aus [2]: «210 medikamentös behandelte Patienten wurden 204 mit Schirm-Verschluss behandelten gegenübergestellt. Das Resultat: Mit Schirmverschluss hätten 4 von 5 Hirnschlägen verhindert werden können, die bei der Medikamenten-Therapie auftraten. Der Schirmverschluss kann ambulant durchgeführt werden, braucht keine Narkose, ist praktisch risikofrei und der Patient kann schon am selben Tag wieder Sport treiben.» Die Erankfurter Allgemeine Zeitung hat unter Berufung auf unabhängige Statistiker der Universität Freiburg und auf das Deutsche Cochrane Zentrum diese Aussagen auf der Website des Inselspitals in einem Artikel ihres Wissenschaftsteil vom 5. luni 2013 mit dem Titel «Wenn Ärzte sich Statistik schönreden» als vollmundige Versprechungen gegenüber potenziellen Kunden bezeichnet und unter Hinweis auf das Heümittelgesetz auf das Irreführungsverbot aufmerksam gemacht. © 2014 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

Auf die methodischen Mängel der bisherigen Studien über den PFO Verschluss haben auch wir kürzlich hingewiesen [ 3 ]. Unter dem praktischen Gesichtspunkt der Patientenbetreuung nach kryptogenem Hirnschlag sind die kürzlich erschienenen Empfehlungen der Schweizer Hirnschlaggesellschan (SHG) klarer, indem sie eine zurückhaltende Position gegenüber einem PFO-Verschluss vertreten. Die SHG weist darauf hin, dass auch nach einem PFO-Verschluss die medikamentöse Sekundärprävention nicht gestoppt werden soll [4]. Eine bisher nicht erwähnte, wichtige Tatsache ist die seit kurzem in Frage gestellte Sicherheit der PFO-Verschlussmethode. In einem im Oktober 2013 publizierten «Saftey-Alert» der US-Behörde FDA betreffend des in der Schweiz am häufigsten verwendeten AmplatzerDevice wurde auf seltene, aber schwerwiegende Fälle von Gewebeerosionen hingewiesen [5]. Mit einer Häufigkeit von 1-3/1000 Implantationen können späte Tamponaden oder Todesfälle auftreten. Im gleichen Bericht wurde der Hersteller verpflichtet, eine Sicherheitsstudie durchzuführen; damit bleibt der Zulassungsentscheid in den USA hängig. Neben der Aufklärungspflicht der involvierten Ärzte gegenüber dem Patienten ist eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber dieser potenziell schwerwiegenden Komplikation notwendig. Der Hersteller in seinen Implantationsinstruktionen und die EDA empfehlen engmaschige klinische Nachkontrollen und sieben echokardiographische Untersuchungen im ersten lahr nach Implantation eines Amplatzer-Devices, d.h. am Tag der Implantation, einen Tag danach, nach einer

Woche und nach 1, 3,6 und 12 Monaten und dazwischen jederzeit bei entsprechenden Symptomen. Autoren HerzGefässZentrum, Kardiologie Länggasse Bern, Kardiologie Logengasse Biel, Spitalzentrum Biel und Lindenhofspital Bern'; Klinik für Kardiologie und Angiologie II, Universitäts-Herzzentrum Freiburg, Bad Krozingen, Deutschland' 'Prof. Dr. med. Beat J. Meyer, '-'Dr. med. Sebastian Slimack-Braun, 'Dr. med. Robert Küchler.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. BeatJ. Meyer FMH Innere Medizin, Kardiologie, Vertrauensarzt SCV Fabrikstrasse 24 3012 Bern Bjmeyer@hin. ch

Bibliographie 1.

Henderson RA, Bath PMW: Ist es jemals gerechtfertigt, ein offenes Foramen ovale zu verschliessen, um einen ischämischen Schlaganfall zu verhindern? Praxis 2014; 103:165-170. Kommentar: 168-169.

2. wwv*/.insel.ch/de/news-detail/ news/2013/03/18/erfolgreiche-pfo-therapie/ Jan. 2014.

3. Meyer-Cestone BJ, Küchler R: Patent foramen ovale and cryptogenic stroke. N Engl J Med 2013; 369: 90. 4. Schweiz. Hirnschlaggesellschaft (SHC): Sekundärprävention des ischämischen Hirnschlags. Schweiz Med Forum 2014; 14 {4): 54-575. www.fda.gov/MedicalDevices/Safety/AlertsandNotices/ucm37ii45.htm, Jan. 2014. DOl 10.1024/1661-8157/a001634

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[If evidence is lacking on the effectiveness of a therapy - safety is the primary concern].

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