Onkologie 2 : 148-151 (1979)

Papillomatöse Veränderungen der Cervix uteri A. O r tn er , J. K la m m er , G. M ik uz und O. D a punt

Zusammenfassung und Schlüsselwörter

Summary and Key Words

Wir berichten über einen Fall von Condyloma acuminatum der Cervix uteri sowie einen Fall eines Zervixkarzinoms und gleichzeitig be­ stehender Papillomatose. Letztere hatte zunächst die Karzinomdia­ gnose verschleiert. Unter dem Eindruck der Arbeiten von M eisels et al. wird auf die mögliche weite Verbreitung kondylomatöser Epithelveränderungen und ihre klinische Bedeutung als ein mögli­ cher erster Schritt in der Pathogenese des Zervixkarzinoms hinge­ wiesen. Die In-toto-Exzision wird aus diagnostischen und therapeu­ tischen Gründen empfohlen. Sorgfältige klinische, kolposkopische und zytologische Nachkontrollen sind erforderlich.

A case of condyloma acuminatum of the uterine cervix and a case of papilloma on the cervix with concomitant adenocarcinoma of the cervix are described. The diagnostic biopsy revealed only the papillomatous lesion, whereas the adenocarcinoma was diagnosed in the surgical specimen after hysterectomy. Referring to the studies of M f.isf.ls et al. on condylomatous lesions of the cervix, the possible frequent incidence of this cervical lesion and its role as one possible first step in the pathogenesis of cervical cancer are discussed. The in toto excision is recommended because of diagnostic and therapeutic reasons. Clinical, colposcopic and cytologic check-up has to be done carefully for years after primary treatment.

Kondylom - Papillom - Cervix uteri

Condyloma - Papilloma - Cervix uteri

Einleitung

Kolposkopisch erschien die beschriebene Vorwölbung ober­ flächlich unregelmäßig, auf der Höhe der einzelnen Erhaben­ heiten fanden sich teils u-förmige Kapillarschlingen mit un­ regelmäßigem Kaliber. Im Nativpräparat wurden neben einer bakteriellen Mischflora Trichomonaden gefunden. Nachdem eine spezifische Erkrankung ausgeschlossen worden war (Lues-Seroreaktionen negativ, Komplementbildungsreaktion auf Gonokokken negativ), wurde zunächst eine Biopsie vor­ genommen, die die histologische Diagnose »Condyloma acuminatum« (E.Nr.: 43.342/77) ergab. Danach wurde der ganze Tumor in Form eines Konus scharf abgetragen und die Wund­ fläche elektrokoaguliert. Nach komplikationslosem postopera­ tivem Verlauf wurde die Patientin mit dem Hinweis, daß sie sich in regelmäßigen Abständen gynäkologisch untersuchen lassen solle, entlassen. Die erste Kontrolluntersuchung ergab klinisch, kolposkopisch und zytologisch keinen auffälligen Be­ fund. Histologischer Befund (E.Nr.: 44.199/77). An der Oberfläche des 3 X 2,5 X 1 cm großen, unregelmäßigen Portiokonus fand sich eine papilläre Plattenepithelwucherung, einem Kon­ dylom entsprechend (Abbildung 2). Das Kondylom zeigte vermehrt Zellatypien, die einer mittelgradigen Dysplasie ent­ sprachen. Das dysplastische Epithel reichte auch in zahlreiche erweiterte, oberflächennahe gelegene Zervixdrüsen. Das Por­ tiostroma war im Bereich der Papillomatose chronisch ent­ zündlich infiltriert.

Klinisch sichtbare papilläre Tumoren der Cervix uteri sind sel­ ten, bis 1974 wurden etwa 233 Fälle in der Literatur beschrie­ ben [16]. Angeregt durch die Publikationen von M eisels und F o rtin sowie M eisels et al. [9, 10], werden diese Verände­ rungen in jüngster Zeit wieder mehr diskutiert und haben durch ihre zunächst spekulative Einbeziehung in die Patho­ genese des Zervixkarzinoms an Bedeutung gewonnen. Aus diesem Grund werden zwei eigene Beobachtungen vorgestellt sowie die morphologischen und klinischen Aspekte diskutiert.

Kallbericht

Fall I Die 23jährige, sich gesund fühlende Patientin (Menarche mit 15 Jahren, regelmäßiger 28tägiger Zyklus, keine Schwanger­ schaft) suchte wegen eines hartnäckigen Fluor vaginalis, der schon etwa ein Jahr bestanden hatte, den Gynäkologen auf. Dieser weist die Patientin nach Erhalt des positiven zytologischen Portioabstriches (Papanicolaou IV) zur Weiterbehand­ lung an die Klinik. Hier wurden zunächst folgende Befunde erhoben: Die Spie­ geleinstellung zeigte, die ganze Portio überdeckend, eine grau­ rötliche homogene und nicht besonders strukturierte Vorwöl­ bung (Abbildung I). Sie fühlte sich bei der Palpation »gummi­ artig« an. Bei der biinanuellen Untersuchung tastete man einen normal großen, gut beweglichen, antevertiert-flektierten Uterus und beide tumorfreien Adnexe. Die Wiederholung des zytologischen Abstriches ergab nochmals einen positiven Be­ fund (Papanicolaou V).

Fall 2

Die zweite, 35 Jahre alte Patientin (Menarche mit 16 Jahren, Zyklus 22-26/6 Tage, 2 Abortus und 2 Partus) suchte wegen übelriechenden Fluors und seit drei Monaten bestehender Kontaktblutung den Arzt auf. Bei der Spiegeleinstellung er-

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Universiläts-Frauenklinik Innsbruck ( Vorstand: Prof. Dr. O. Dapunt) und Pathologisches Institut der Universität Innsbruck ( Vorstand: Prof. Dr. A. Propst)

Ortner et al.: Papillomatöse Veränderungen der Cervix uteri

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Abbildung 3. Grenzbereich zwischen Papillom links und Adeno­ karzinom auf der rechten Bildhälfte. Färb. HE, Obj. 25 X .

Abbildung I. Condyloma acuminatum Cervicis uteri.

schien die Portio makroskopisch suspekt und zeigte auffallen­ de Gefäßzeichnungen. Bimanuell wurde eine höckrige und derbe Portio getastet, die in ein normal großes, antevertiertflektiertes Corpus uteri überging. Die Adnexgegenden waren

beidseitig frei. Zytologisch erfolgte zweimal eine Klassifizie­ rung Papanicolaou IV. Die Probeexzision aus der Portio ergab histologisch (E.Nr.: 2693/69) eine Papillomatose ohne Malignitätsverdacht. Da die Veränderungen der Portio auf die hintere Vaginalwand übergegriffen hatten und die Zervix durch Brüchigkeit malignomverdächtig schien, wurde die vaginale Radikaloperation nach Schauta vorgenommen. Die makroskopisch unauffälligen Adnexe wurden belassen. Histologischer Befund. Die histologische Untersuchung des Operationspräparates (E.Nr.: 3050/69) ergab folgenden Be­ fund: Das Portioepithel war vielfach papillomatös verdickt, wobei die Schichtenfolge des Epithels erhalten blieb. Herd­ förmig fand sich eine deutliche Proliferation der Basalzellen­ schicht. Im Anschluß an das papillomatös verdickte Ober­ flächenepithel fanden sich ausgedehnte Verbände eines Ade­ nokarzinoms der Zervix (Abbildung 3). Aufgrund der überraschenden histologischen Diagnose er­ folgte eine radiologische Nachbehandlung mit Radium (1200 mg e h) und Röntgen (2400 R Herddosis im kleinen Becken). Die Patientin unterzog sich seither regelmäßigen Kontrolluntersuchungen und blieb rezidivfrei.

Abbildung 2. Condyloma acuminatum. Färb. HE, Obj. 10 x .

Bei beiden vorgestellten Fällen war der klinische Befund an der Zervix zunächst ungewöhnlich und nicht eindeutig, so daß differentialdiagnostisch neben spitzen Kondylomen auch ein Karzinom oder eine spezifische Entzündung in Frage ka­ men. Q izilbash [14] berichtet ebenfalls, daß Kondylome klinisch als Karzinom imponieren können. Zytologisch wurde wegen der ausgeprägten Kern- und Zellatypien zweimal ein positiver Befund abgegeben (Abbildun­ gen 4 und 5). W o o d r u ff und P eterson [16] sowie P a pa n ico ­ laou [12] wiesen darauf hin, daß die Zellveränderungen bei Condyloma acuminatum mit denen bei Dysplasien oder Car­ cinoma in situ verwechselt werden können. In der Folge haben auch andere Autoren [1, 7, 9, 10, 11, 13] das Zellbild kondylomatöser Veränderungen an der Cervix uteri beschrieben. Nach M f.isels et al. [9, 10] gibt es charakteristische zelluläre Kriterien, die bereits eine zytologische Diagnose von Kondy­ lomen ermöglichen.

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Besprechung der Befunde

Ortner et al.: Papillomatöse Veränderungen der Cervix uteri

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auch, weil dieses die adäquate Therapie darstellt. Für kondylomatöse Veränderungen der Zervix sind nach bioptischer Diagnosestellung sorgfältige kolposkopische und zytologische Nachkontrollen über Jahre zu empfehlen. In der Beratung der Patientin bleibt darauf hinzuweisen, daß auch der sexuelle Partner im Hinblick auf gleichartige Veränderungen unter­ sucht werden soll.

Literatur 1

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Die histologische Differenzierung der Zervixpapillome wird in der Literatur sehr uneinheitlich angegeben. Nach H ertig und G o re [5] sowie R obbins [15] werden die papillomatösen Wucherungen der Zervix in das echte neoplastische Papillom, das Condyloma acuminatum und in das hahnenkammartige Papillom der Schwangerschaft unterteilt. Condylomata acuminata werden von G ofo rth [4] sowie W o o d r u ff und P eter son [16] als baumartige Wucherungen beschrieben, die mit einem dicken Mantel verhornenden Plattenepithels mit Akanthose und Parakeratose versehen sind. Charakteristisch seien die vakuolisierten, sogenannten Ballonzellen. Im Gegensatz dazu sind beim einfachen Papillom diese Ballonzellen selten — vorherrschend ist die Papillomatose, die bei echten Kondy­ lomen nur zu einem geringen Grad vorhanden ist. Neben dem klassischen papillomatösen Kondylom haben kürzlich M e i SELS et al. [10] ein endophytisch wachsendes sowie ein intra­ epitheliales Kondylom beschrieben. Retrospektiv klassifizier­ ten diese Autoren 70% der leichten Epitheldysplasien der Zervix als intraepitheliale Kondylome. Die unter Mitberücksichtigung der intraepithelialen Formen überraschend hohe Inzidenz kondylomatöser Veränderungen der Zervix hat M eisels et al. [10] veranlaßt zu spekulieren, daß diese venerisch übertragene virale Erkrankung einen Vor­ läufer des Zervixkarzinoms darstellen könnte. Die virale Genese und die vorwiegend sexuelle Übertragung gelten als gesichert. An der Vulva, wie übrigens auch am Pe­ nis, wurde die maligne Transformation von Condylomata acuminata dokumentiert [2, 3, 8], J a g ella und St eg n er [6] konnten in 10% kondylomatöser Veränderungen an der Va­ gina oder Vulva dysplastische Veränderungen an der Zervix nachweisen und fanden auch zytofotometrisch karzinomähn­ liche DNS-Verteilungsmuster in Kondylomen. Epidemiologisch fällt der frühe Altersgipfel auf, der dem des Carcinoma in situ um durchschnittlich 5 bis 10 Jahre voraus­ geht. Weiterhin haben Kondylome mit dem Zervixkarzinom einige gemeinsame prädisponierende Faktoren, so daß von manchen Autoren [ 10] die Kondylome als ein möglicher erster Schritt in der Genese des Zervixkarzinoms aufgefaßt werden. Als klinische Konsequenz ergibt sich für uns, daß papilloma­ töse Veränderungen der Zervix in toto exzidiert werden soll­ ten, um ein Karzinom sicher ausschließen zu können, aber

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Ortner et al.: Papillomatöse Veränderungen der Cervix uteri

13 14

P apanicolaou, G. N.: Atlas of exfoliative cytology; suppl. 2,

pp. AP 18-19 (Harvard University Press, Cambridge, Mass. 1960). P urola , E. and Savia , E.: Cytology of gynecologic condyloma acuminatum. Acta cytol. 21: 26-31 (1977). Q izilbash, A. H.: Papillary squamous tumors of the uterine cervix. Am. J. clin. Path. 61:508-520 (1974).

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Robbins, St. L.: Pathologic basis of disease, p. 1222 (Saunders,

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W oodruff, J. D. and P eterson, W. F.: Condyloma acuminata

1974). of the cervix. Am. J. Obstet. Gyncc. 75:1354—1362 (1958). Sonderdruckbestellungen an: Dr. A. O rtner, Universitäts-Frauen­ klinik Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck

Bei venösen und arteriellen G EFÄ SSER K R A N K U N G EN

Wobenzym Indikationen:

Dosierung: Täglich 2 X 3 b is 3 X 5 Dragees: je nach Befund kann unbedenklich erhöht werden (z. B. 3 X 1 0 ) . Prophylaxe 2 X tä g lic h 2 - 4 D ragees

Zusammensetzung : Pankreatin Papayotin . . . Brom elin Lipase Am ylase Trypsin '«•Chymotrypsin Rutin

1 Dragee 100 mg 60 mg 45 mg 10 mg 10 mg 24 mg . 1 mg 50 mg

10 g Salbe 100 mg 60 mg 45 mg 10 mg 10 mg 24 mg 1 mg •• —

PHLEBITIDEN TH R O M B O SEN PO STTH R O M BO T.-SY N D R O M CLAU D ICATIO INTERM ITTENS U L C U S CRURIS RAUCH ER BEIN VASCU LITIS AKRO ZYANO SE

Kontraindikationen: Mit akutem Blutungsrisiko einhergehende Erkrankun­ gen. Eingriffe und Situationen (Erkrankungen), bei denen eine Steigerung der Fibrinolyse unerwünscht ist.

Handelsformen und Preise: Packung 20 D ragees Packung 50 Dragees Packung 200 Dragees Packung 800 Dragees

DM 8,42 DM 17.09 DM 55.32 DM 143.16

Enzym-Salbe

Tube ä 40 g DM 6.81

Tube ä 80 g DM 12.11 .O CO

O

Vorteile:

zuverlässige Entzündungshemmung fibrinolytischer Effekt ohne Blutungsrisiko schneller Wirkungseintritt gute Verträglichkeit frei von unerwünschten Nebenwirkungen

Die gleichzeitige Anwendung von

Enzym-Salbe unterstützt die Wirkung

5

LYM PHÖDEM (auch nach Strahlentherapie)

Traum atisch bedingte Ödeme und Gefäßerkrankungen

P ro p h y la k tisch bei Diabetikern und sonstigen gefährdeten Patienten (z B. Raucher. Übergew ichtige etc.)

MUCOS E m u ls io n s g e s e lls c h a ft m bH . A lp e n s tr a ß e 29 8192 G e r e ts r ie d 1 T e le fo n : 0 8 1 7 1 / 6 1 0 6 1

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[Papillomatous changes in the cervix uteri].

Onkologie 2 : 148-151 (1979) Papillomatöse Veränderungen der Cervix uteri A. O r tn er , J. K la m m er , G. M ik uz und O. D a punt Zusammenfassung...
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