211 Thoraxchirurgie 25 (1977) 2 1 1 - 2 1 3 © Georg Thieme Verlag Stuttgart

Fortsetzung des Berichtes über die 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie vom 17.-19. 2. 1977 in Bad Nauheim Lungenkontusion nach stumpfem Thoraxtrauma — ein experimentelles Modell* U. Stockmann, R. Roscher Chirurgische Abteilung Neuköllner Krankenhaus, Berlin-Neukölln (Leiter: Prof. Dr. B.J. Krüger) Zusammenfassung

Summary

Es wird ein experimentelles Modell der Lungenkontusion nach stumpfem Thoraxtrauma bei der Ratte beschrieben. Durch eine bestimmte Technik ist es möglich, die Begleittraumen der Mediastinalorgane ebenso wie Leber- und Milzrupturen zu vermeiden. Es ist daher mit diesem Modell möglich, Lungenkontusionen mit guter Reproduzierbarkeit zu erzeugen.

A model in the rat for pulmonary contusion after blunt chest trauma is described. It is possible to avoid trauma of the mediastinal organs, liver and spleen; therefore it is possible to produce pulmonary contusion with a good reproducebility.

Parameter für das Ausmaß der Lungenkontusion ist das Lungengewicht, das bei einem bestimmten Ausmaß des Traumas statistisch signifikant ansteigt, werden den Tieren hohe Dosen von Prednisolon gleichzeitig mit dem Trauma intravenös injiziert, bleibt dieser Gewichtsanstieg aus.

The parameter for the extent of contusion was the lungweight which rose statistically with a specific force of trauma. Simultaneous injection of high doses of prednisolone with the blunt chest trauma inhibites the increase of the lungweight.

Key-Words: Blunt chest trauma - Pulmonary contusion - Trauma model.

Die Therapie der Lungenkontusion ist immer noch ein ungelöstes Problem. 30—50% der Patienten versterben trotz intensiver therapeutischer Bemühungen. Über den Zeitpunkt und über den Modus der Beatmung kann man genauso streiten wie über die Pharmaka, die man verwenden sollte. Ein experimentelles Modell, das reproduzierbare Lungenkontusionen — ohne nennenswerte Begleittraumata - erzeugen könnte, wäre dazu geeignet, die Wirksamkeit z.B. von Pharmaka prüfen zu können. Wir möchten zu diesem Zweck ein experimentelles Modell bei der Ratte vorstellen. Methodik Ratten wurden in flacher Äthernarkose mit einer 330g schweren Kugel in Rückenlage traumatisiert. Die Kugel

fiel durch ein Rohr, dessen Innendurchmesser 2mm größer war als der Durchmesser der Kugel, aus einer bestimmten Höhe herab. Die Fallhöhe wurde durch die Formel „Körpergewicht dividiert durch 5 bzw. 4" festgelegt (Abb. 1). Mit Hilfe des Schutzschildes konnte die Aufprallwucht von dem Sternum auf die seitlichen Thoraxpartien umgeleitet werden. Die häufigen tödlichen Verletzungen durch Ruptur der Herzwand, Aorta oder Pulmonalis wurden dadurch vermieden und nur isolierte Lungenkontusionen erzielt. Einem Teil der Tiere wurde unmittelbar vor dem Trauma 100 mg/kg Prednisolon in die Schwanzvene injiziert. Falls die Tiere überlebten, wurden sie nach 24 Stunden getötet und seziert. Bei der Sektion wurde das Lungenund Herzgewicht bestimmt. Aufnahmen von dem Aspekt der Lungen zeigen diffuse fleckförmige Veränderungen, die wie Einblutungen und z.T. wie Atelektasen aussehen. Histologisch sieht man diese Einblutungen bestätigt (Abb. 2a); teilweise sieht man aber auch, daß das intraalveoläre Ödem überwiegt (Abb. 2b).

* Die Experimente wurden im Klinikum Charlottenburg, Chirurgische Univ.-Klinik (Direktor: Prof. Dr. E.S. Bücherl) durchgeführt.

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Pulmonary Contusion after Blunt Chest Trauma — An Experimental Model

U. Stockmann, R. Roscher

Abb. 1 Traumatechnik: Stahlkugel von 330g fällt durch das Rohr und prallt auf das Schild. Die Ratte ist in leichter Äthernarkose fixiert. Fig. 1 Method of trauma: Steel ball of 330g falls through the tube rebounding the shield. The rat is fixed on the table in light ether anesthesia.

Abb. 2 Histologische Schnitte einer Lunge nach Kontusion. a) Massive Einblutung in die Alveolen. b) Anderer Aspekt der selben Lunge intraalveoläres Ödem. Fig. 2 Microscopie aspect of a lung after contusion. a) Massive haemorrhage in the alveoli. b) Another section from the same sample - intraalveolar edema.

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Lungenkontusion nach stumpfem Thoraxtrauma - ein experimentelles Modell

Tabelle 1 Experimentelles Thoraxtrauma - Lungenkontusion Gruppen n Lungengewicht Letalität in % des Körpergewichts Kontrolle 10 0,5911 ±0,056 10% A mit Schild 40 B mit Schild 20 + Prednisolon

c

ohne Schild

20

D mit Schild 30 E mit Schild 30 + Prednisolon

0,675 ± 0,193 10% 0,6178 ±0,16

5%

0,6225 ± 0,1412 75%

0,7704 ± 0,24

50%

0,6377 ± 0,168 30%

Bei der Gruppe C - die ohne Protektion des Schildes traumatisiert wurde — führten Rupturen von Herzwand, Sinus Valsalva, Pulmonalis oder Lungenhilusabrisse so rasch zum Tod, daß dadurch das unveränderte Lungengewicht verständlich ist.

Bei einem schweren Trauma — Gruppe D und E — sind die Lungengewichte signifikant different (Abb. 3). Einerseits ist ohne Prednisolon der Gewichtsanstieg eindrucksvoll, andererseits bleibt dieser Gewichtsanstieg aus, wenn man kurz vor dem Trauma den Tieren diese Fallhöhe = hohe Dosis Prednisolon injiziert.

Körpergewicht : 5 in cm Kugelgewicht : 330 gr

Schlußfolgerungen

Wir schließen aus unseren Ergebnissen, daß man mit diesem sehr einfachen Modell in der Lage ist, isolierte Lungenkontusionen ohne nennenswerte Begleittraumata zu erzeugen. Man kann daher — wie wir gezeigt haben — Fragen zum ProblemFallhöhe = kreis „Lungenkontusion", z.B. die Wirksamkeit Körpergevon Pharmaka, mit diesem Modell bearbeiten. wicht : 4 in cm Literatur

Kugelgewicht : 330gr Lungengewichtsveränderungen von D zu Kontrollgr. und E zu D p < 0,0125

1 Fulton, R.L., E.T. Peter: The progressive nature of pulmonary contusion. Surgery 67 (1970) 499 2 Hopkinson, B.R., J.R. Border, W.G. Schenk jr.: Experimental closed chest trauma. J. thorac. cardiovasc. Surg. 55 (1968)589 3 Nichols, R.T., H.J. Pearce, C.J. Greenfield: Effects of experimental pulmonary contusion on respiraWurden die Tiere einem Trauma ausgesetzt, das tory exchange and lung mechanics. Arch. Surg. 96 aufgrund der Fallhöhe selten zum Tode führte, (1968) 723 so waren die zu erwartenden Gewichtsverände4 Rutherford, R.B., J. Valenta: An experimental rungen tendenziell vorhanden (Gruppe A), waren study of „traumatic wet lung". J. Trauma 11 aber nach dem t-Test nicht signifikant. (1971) 146

Abb. 3 Lungengewicht der verschiedenen Gruppen in Prozent des Körpergewichts (Mittelwert und Standardabweichung). Fig. 3 Lungweight of the different groups in percent of the body weight (Mean value and standard deviation). Priv.-Doz. Dr. U. Stockmann, Chirurgische Abteilung des Neuköllner Krankenhauses, Rudower Str. 56, 1000 Berlin 47 Dr. med. R. Roscher, Cimbernstr. 11, 8000 München

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Ergebnisse Parameter für das Ausmaß der Lungenkontusion war das Lungengewicht, angegeben in % des Körpergewichtes (Tab. 1).

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[Pulmonary contusion after blunt chest trauma--an experimental model (author's transl)].

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